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Marburg-Biedenkopf, Landkreis
Fronhausen
  • Gesamtanlage
historischer Ortskern Fronhausen

Die Gesamtanlage erwächst aus dem Dorfgrundriss, wie er noch zu Beginn des 19. Jhs. Bestand hatte. Dabei bilden die über dem Ort stehende Kirche mit Kirchhof und ehemals geschlossener Ummauerung im Nordwesten sowie der Bereich der Oberburg mit dem südlich anschließenden Vogtshof wichtige Eckpunkte. Im Dreiviertelkreis um die Oberburg herum breitet sich die Siedlung mit kleineren Bauerngehöften und Tagelöhneranwesen aus. Diese kompakte Grundform war ehemals von einem Haingraben umgeben, der sich noch heute an Parzellenabgrenzungen sowie der Straßenbezeichnung Grabenstraße nachvollziehen lässt. Östlich dieses Kernes außerhalb der wehrhaften Umgrenzung ist als weiterer Bereich der Gesamtanlage die Unterburg angesiedelt, die ebenso wie die Oberburg ursprünglich als Wasserburg angelegt war. Beide als Wohnsitze der Vögte von Fronhausen erbaute Anlagen sind auf größeren Parzellen errichtet, die mit parkähnlichem Baumbestand bepflanzt sind.

Das Dorf ist regellos von Wegen und Straßen durchzogen, die die Verbindung u. a. nach Marburg, Gießen und Oberwalgern herstellen. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jhs. setzt dann entlang dieser Straßen eine lebhafte Besiedlung ein, die insbesondere an der Bahnhofstraße zu einer regen Bautätigkeit führt. Hier entstehen neben dem Bahnhof (Bahnhofstr.42) und den südlich anschließenden Lagergebäuden, dem Postgebäude (Bahnhofstr.40), dem Saalbau (Bahnhofstr.38) auch einige großvolumige Hofanlagen. Nördlich davon entlang von Schulstraße und Marburger Straße kommen dann die Schulbauten (Schulstraße 17 und 19), die Apotheke (Marburger Straße 3), das Wohnhaus mit der jüdischen Schule und dem Betsaal (Marburger Straße 9) und zu Beginn des 20. Jhs. das Amtsgericht (Marburger Straße 15) als weitere öffentliche Bauten dazu.

Im Bereich des historischen Dorfkernes verfügt Fronhausen über ein bemerkenswert geschlossenes Ortsbild. Gerade entlang der Rathausstraße übergehend in die Gießener Straße reihen sich in wechselnder Folge Bauten des 16. Jhs. und 17. Jhs. sowie Gebäude der 2. Hälfte des 19. Jhs., die in der prosperierenden Gründerzeit als Nachfolger älterer Bauten mit klassizistischen Stilmerkmalen errichtet wurden. Dabei beeindrucken besonders die geschlossenen Baugruppen Rathausstraße 2-6, Gießener Straße 8-20. Eine auch überregional außergewöhnliche Ortsansicht bietet sich an der Einmündung der Grabenstraße in die Gießener Straße, wo mehrere Hofanlagen des 16. und 17. Jhs. angesiedelt sind. Zur Straße sind diese Höfe durch Torbauten abgegrenzt. Das Hoftor von Gießener Straße 20 nimmt Anleihen bei den im Gießener Raum verbreiteten Hüttenberger Hoftoren, deren besonderes Augenmerk immer den seitlich anschließenden, oft kunstvoll ausgeführten Handpforten gilt. Auch bei den Höfen Grabenstraße 15 und Rathausstraße 4 und 15 haben sich Torbauten des 18. Jhs. erhalten. Als weitere Abschlüsse zur Straße sind zahlreiche Hoftore überliefert. Vielfach hat man sie an älteren, aus dem 18. und 19. Jh. stammenden Sandsteinpfosten, die noch profilierte Köpfe aufweisen, angebracht. Die eisernen Gittertore sind teilweise handwerklich aufwendig gearbeitet und gehen in ihrer Entstehung auf das Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jhs. zurück. Schöne Beispiele sind zu sehen bei Bahnhofstr. 21, 22, 32, Rathausstr. 14, Gießener Str. 11 und Stollberg 9. Besonders prägend für das Straßenbild sind die Grundstückseinfriedungen, die aus übermannshohen sandsteinernen Mauern hergestellt sind wie bei Gießener Str. 9, Rathausstr. 12 sowie der ehemaligen Unterburg, Talstr. 10.

Wichtige Elemente zur repräsentativen Darstellung der Bauherrn sind auch die Eingangssituationen der Wohnhäuser, die durch überdachte Außentreppen, häufig zweiläufig in Sandstein mit eisernem Geländer errichtet, und schmuckvoll gestaltete Haustüren mit fein gestalteten Oberlichtern aufgewertet werden. Als Belege seien hier angeführt: Bahnhofstr. 5, 21, 22 und 32; Gießener Str. 1, 7, 8, 10, 12 und 16; Gossestr. 3, Rathausstr. 6, 8 und 14 sowie Schulstr. 17. Auf einer Großzahl von Höfen haben sich die Pflasterflächen in ihrer ursprünglichen Belegung mit Naturstein, meist Basalt erhalten. Vielfach sind mit besonderen Verlegearten und wechselnden Steinsorten in handwerklicher Sorgfalt Misten in das Bogenpflaster eingelassen: Rathausstr. 14, Gießener Str. 12 und 20; Bahnhofstr. 21 und 32 sowie Stollberg 12.

In der geschlossenen Reihe von Fachwerkbauten an der südlichen Seite der Burgstraße ist die Scheune des Hofes Gießener Str. 17 gesondert zu erwähnen. Am östlichen Giebel sind noch diagonale Aussteifungshölzer zu erkennen, die als Schwertungen über die beiden Ständergeschosse hinwegreichen, eine Konstruktionsart, wie sie für das 15. Jh. nachgewiesen ist. Damit ist dieser Bau wohl das älteste bäuerliche Gebäude im Ort.

Im Bereich der südöstlichen Einfahrt in den Ortskern verdient die parallel zum Fronhäuser Bach verlaufende Baumreihe als Begleitung der Gießener Straße Erwähnung, da sie die Verzahnung zwischen der östlich anschließenden Feldflur und der Ortsbebauung herstellt.

Eine Ausweitung erfährt die Gesamtanlage durch ein vom Ortskern nach Westen sich erstreckendes Tal, in das der heute weitgehend verrohrte Fronhäuser Bach eingebettet ist. In der muldenartigen Topographie verlaufen Pfingststraße und Gossestraße, die zu beiden Straßenseiten hin während des 19. Jhs. bebaut wurden. Im Gegensatz zu den meist überformten Fachwerkhöfen in diesem Bereich hat sich der Vierseithof Gossestraße 19 weitgehend original aus der Zeit um 1860 erhalten. Am westlichen Übergang in die Feldflur bilden den Abschluss der Gesamtanlage zwei Brunnenstellen, aus denen vor Einführung der öffentlichen Wasserversorgung in tieferliegenden Brunnenkammern das Wasser des täglichen Bedarfs geschöpft wurde.

Von sozialgeschichtlicher Bedeutung ist der Bereich von Alter Hof 8 - 10 und 18-22. Hier sind auf engstem Raum während des 19. Jhs. als Lebensraum für Tagelöhner und Handwerker sieben Kleinstgrundstücke auf einer Gesamtfläche von etwa 45 x 28 m angelegt worden. Die Fläche wurde offensichtlich aus dem ehemals größeren Grundstück des Unterhofes zu diesem Zweck herausparzelliert.


Als Gesamtanlage nach § 2 Absatz 3 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Weitere Symbole für Kulturdenkmäler nach § 2 Abs. 1 HDSchG:
Wege-, Flur- und Friedhofskreuz, Grabstein
Jüdischer Friedhof
Kleindenkmal, Bildstock
Grenzstein
Keller bzw. unterirdisches Objekt
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