Kirchstraße 1, evangelische Stadtkirche Liebfrauen von Südwesten
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen, Westportal, Detail
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen, Innenraum nach Nordosten
Innenraum nach Südwesten
Schottener Altar
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen, Südportal
Wandgliederung im Chor, Sakraments- nische, hist. Aufnahme
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen von Nordwesten
Innenraum nach Südwesten mit alter Orgelposition, hist. Aufnahme
Taufstein
Sakristeischrank
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen, Westportal
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen, Nordseite
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen, Südfassade
Ev. Stadtkirche Liebfrauen, Pieta
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen von Nordosten
Evangelische Stadtkirche Liebfrauen, Grundriss
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Vogelsbergkreis
Schotten
  • Kirchstraße 1
Ev. Stadtkirche Liebfrauen
Flur: 1
Flurstück: 537

Teil der Gesamtanlage:
Schotten I, Altstadt

Die Liebfrauenkirche, "eine der merkwürdigeren Kirchen des Großherzogtums" (A. Decker 1835), dominiert mit ihrem steil proportionierten Baukörper und dem etwas schiefen Helm des Vierungsturms das Stadtbild weithin. Sie war außerdem von grundlegender Bedeutung in der frühen Geschichte Schottens. Der Baubeginn (über einem sukzessiv abgebrochenen Vorgängerbau?) wird nach jüngsten Erkenntnissen wieder um 1300 angesetzt; konzipiert war zunächst eine kurze Hallenkirche mit Querhaus und Chor. Sie wurde wohl schon bis um 1360, durch mehrfache Planänderungen nach Westen erweitert, in etwa in den bestehenden Zustand gebracht. Erster urkundlicher Nachweis des Gotteshauses ist ein Ablassbrief aus 1330, betreffend eine Kirche des hl. Michael in Schotten und ihre Filialkirche, die Kapelle beatae Mariae Virginis. Ein weiterer Ablassbrief wurde 1351 verfasst; diesmal sind die Pfarrkirche St. Michael und das Liebfrauenmünster genannt. Aus den Urkunden ist auf Wallfahrten geschlossen worden, die einen Aufschwung Schottens, den Ausbau der Kirche und schließlich die Stadtwerdung begründet hätten. Jedenfalls lassen das Erwirken der Briefe wie auch der Kirchenbau auf besonderen Ehrgeiz schließen.BauentwicklungUm die Wende zum 14. Jahrhundert entstanden die Umfassungsmauern von Chor und Querhaus, der Ansatz des Treppenturms zwischen beiden und die seitlichen Mauern des zunächst nur zweijochig geplanten Langhauses bis in unbekannte Höhe. Deren Fertigstellung erfolgte bereits im Rahmen eines neuen Konzepts, das zwei weitere Joche nach Westen und den Vierungsturm vorsah, mit dessen Ausbau nun begonnen wurde. Eine erneute Planänderung unterbrach die Arbeit am Vierungsturm zu Gunsten der groß angesetzten Doppelturmfront – zur zwischenzeitlichen Unterbringung von Glocken wurde 1311 der Treppenturm zwischen Chor und Querhaus ausgebaut. Die Einkünfte aus dem Ablass von 1330 wohl ermöglichten noch im gleichen Jahr den Dachaufbau über dem Chor, der dann auch eingewölbt werden konnte. Es dürften der Ausbau der Westtürme bis in Höhe der Langhaustraufe, das Aufschlagen der fehlenden Dächer und die restlichen Einwölbungen gefolgt sein. Die Errichtung des Glocken- und Dachstuhls im und auf dem Vierungsturm in den 1340er Jahren lässt darauf schließen, dass das Projekt des "Westwerks" nun schon wieder aufgegeben war (und der zweite Ablassbrief keine wesentlichen Bauaktivitäten mehr motivieren konnte). Als der Mainzer Bischof 1382 den Weiterbau der Kirche "zu einer vesten" untersagte, war das nur noch vorsorglich. Die ältere Forschung hatte wesentlich zwei Bauphasen erkannt (die zuletzt begonnene Turmfront als Anfang eines großartig projektierten Neubaus) und sie hinsichtlich ihrer Konzepte und Details von der Elisabethkirche in Marburg beeinflusst gesehen. Weiter wurde auf mögliche Mainzer Einflüsse (St. Quintin) für den Bauanfang und insgesamt auf Bezüge unter anderem zur nicht erhaltenen Stadtkirche in Grünberg und freilich zur Stadtkirche in Friedberg, dem Wetzlarer Dom und der Walpurgiskirche in Alsfeld hingewiesen. BaubeschreibungIm ersten, östlichen Bauabschnitt haben die Seitenschiffe je die halbe Breite des Mittelschiffs. Von den drei ursprünglich geplanten Jochen ist das östliche als Andeutung eines Querschiffs von doppelter Tiefe. Der sich etwa in Vierungsbreite anschließende Chor besteht aus einem kurzen Joch und schließt mit fünf Seiten eines Achtecks. Die Situation des zunächst vorgesehenen Westabschlusses ist unklar. Die wesentlichen Planänderungen (Verlängerung des Schiffs, Turmfront) verdeutlichen sich durch ein großes Langhausjoch, das mit dem älteren Bau verschliffen ist, und durch ein weiteres westliches Joch, das den mächtigen Unterbau für die dann nicht ausgeführte Doppelturmanlage bilden sollte. Äußerlich erscheint der ältere Bauabschnitt als kompakte Architektur, gegliedert durch Strebepfeiler und zumeist zweibahnige Fenster mit Vierpässen. Das Ostjoch/Querhaus hat im Süden ein Portal mit einer Rose darüber und im Norden ein dreibahniges Fenster. Über den Seitenschiffen erheben sich je zwei steile Querdächer mit Dreiecksgiebeln; letztere sind ebenfalls durch große dreibahnige Maßwerkfenster geöffnet. Zusammen mit diesen Giebeln, dem schmalen Chor und den Strebepfeilern betont der Vierungsturm, "unten quadratisch, oben mit Hilfe von vier Giebeln in einen achteckigen spitzen, etwas schief stehenden Helm übergehend" (Walbe), die steilen Proportionen des Baukörpers. Breiter tritt der Westteil auf. Er schließt mit quergestelltem Walmdach hinter einer Maßwerkgalerie ab und hat kräftige, halbhohe Strebepfeiler, über denen an drei Ecken des Baus kleine, unterschiedlich geformte Türme mit spitzen Helmen aufragen. Sie bestimmen das Gesamtbild der Kirche wesentlich mit. Das Westportal ist mit dem darüber positionierten vierteiligen Mittelfenster durch einen gemeinsamen reichen Gewändebogen zusammengefasst. Über dem Portal ist vor einer Blendarkatur und unter breitem Baldachin eine Figurengruppe aufgestellt. Sie stammt aus der Bauzeit der Kirche und zeigt in guter bildhauerischer Qualität die Anbetung der Könige (Reihenfolge der Aufstellung verändert). Der städtebaulichen Einbindung der Kirche ist im Westbau ein zweites Südportal zu verdanken, das im Tympanon die "Stifter" der Kirche, Luckarde von Eppstein und Konrad von Trimberg (†1374), die Muttergottes anbetend zeigt. Die Skulpturen hier sind im Gegensatz zu denen des Westportals "etwas unbeholfen" gearbeitet (Dehio 1982), stellen jedoch ein bedeutendes stadtgeschichtliches Dokument dar. Oberhalb des Südportals sitzt – wie in jedem Wandabschnitt des Westbaus – ein breites vierbahniges Maßwerkfenster. Im Inneren der Kirche weist insbesondere die unterschiedliche Ausführung der drei Stützenpaare auf die Folge der Bauphasen hin: Das östliche ist rund, die beiden anderen sind als kantonierte Pfeiler mit Blattkapitellen ausgebildet. Das westlichste Pfeilerpaar, deutlich verstärkt, gehört zum Unterbau für die nicht ausgeführte Doppelturmanlage im Westen. Die Pfeiler, die ihnen entsprechenden Wandvorlagen und die ganz unterschiedlichen Jochlängen führen zu einem reizvollen Raumbild. Stützen, Vorlagen, Rippen und Bogen sind rot mit weißen Mauerfugen, das Laubwerk der Kapitelle blaugrün, Wandflächen und Gewölbekappen weiß gefasst. Vereinzelt treten in den Gewölben Malereien (Sterne, Rankenwerk) auf. Die Schlusssteine sind skulptiert, dargestellt werden Köpfe, Masken, Christus als Weltrichter und anderes. Im Chor sind den Seitenwänden unterhalb des Sohlbankgesimses je vier Maßwerkbogen vorgestellt, in die nach dem Ersten Weltkrieg Steintafeln mit den Namen der Gefallenen der Stadt Schotten und der Gemeinden Betzenrod, Götzen und Michelbach integriert wurden. Außerdem findet sich hier eine Sakramentsnische. Den Boden des Chors bilden Grabplatten. Die Chorfenster haben eine farbige Verglasung aus 1859–61, hergestellt in Mainz, mit Abbildungen der legendären Prinzessinnen Rosamund und Dichamund, gestaltet nach den beiden spätmittelalterlichen Reliquienbüsten, die zum Inventar der Kirche gehören. Der wesentliche Bestandteil der Ausstattung ist der Schottener Altar. "Ihn in die Zeit vor dem Mainzer Überfall 1382 zu datieren, ist nicht zwingend, seine Entstehung kann nach stilistischen Gründen auch erst um 1400 angenommen werden. […] Der geöffnete Altar stellt das Marienleben in acht querrechteckigen Tafeln vor, die jeweils zwei miteinander verbundene Szenen zeigen." (G. Ulrich Großmann). In geschlossenem Zustand ist der Altar mit acht Ereignissen aus der Passionsgeschichte bemalt; diese Bilder blieben weniger gut erhalten. Gotisch sind der achteckige, mit Blendmaßwerk gezierte und auf Löwen ruhende Taufstein und eine Piet aus Holz; aus dem späten fünfzehnten beziehungsweise dem beginnenden sechzehnten Jahrhundert stammen eine Kreuzigungsgruppe und ein großes Kruzifix. Ein Sakristeischrank mit feinen Rankenwerkreliefs datiert aus 1495. Geschnitzte Gestühlswangen entstanden 1519. Das späte 17. Jahrhundert hinterließ zwei gemalte Epitaphien. Die Barockorgel von 1782 aus der Werkstatt Wegmann in Frankfurt am Main ist 1972 auf einer Empore über dem Westeingang platziert worden. Dadurch ist das Westfenster verstellt und die Wirkung des Langhauses insgesamt beeinträchtigt. Die einfache barocke Kanzel wurde aus Einartshausen übernommen. Wegen des als Baumaterial verwendeten weichen Basalttuffs waren und sind häufig Renovierungen der Liebfrauenkirche notwendig. Dabei wurde 1858/60 die Sakristei an der Nordseite des Chors abgebrochen "und auch sonst im einzelnen sehr rücksichtslos mit der Kirche verfahren" (Walbe). 1911/13 und 1970/79 folgten weitere Außenrenovierungen, 1966/67 die letzte Erneuerung im Innern. Die zwischenzeitlich getrennten Tafeln des Altars wurden zuletzt 1969/86 konserviert. Die Liebfrauenkirche ist ein hochbedeutendes stadtgeschichtliches Dokument, ihre Denkmaleigenschaft gründet aber auch in ihrem Kunstwert und ihrer Stellung in der Entwicklung des gotischen Sakralbaus in Hessen.


Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen und wissenschaftlichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
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