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Main-Kinzig-Kreis
Linsengericht
Großenhausen
  • Gesamtanlage
Weiler Waldrode

Zwischen 1936/38 planmäßig errichtete Erbbauernhofsiedlung.

In den Jahren 1936-38 führte die hessische Landesregierung unter Gauleiter Jakob Sprenger in ganz Hessen ein groß angelegtes Arbeitsbeschaffungs- und Meliorationsprogramm durch. Neben dem Bau von Autobahnen, Flugplätzen und Kasernen sollte die nationalsozialistische Agrarideologie realisiert werden. Eine größere Anzahl von neuen Erbhofdörfern wurde in Hessen einerseits als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für den Reichsarbeitsdienst, anderseits zum Ausgleich für die durch den Ausbau der Militäranlagen verlorenen Ackerflächen angelegt. In der Rheinaue zwischen Worms und Bensheim entstand 1936 als erstes deutsches Erbhofdorf "Riedrode“, im Süden des Kreises Groß-Gerau wurde 1937/38 unter Einbeziehung bereits vorhandener Ackerflächen die Gemeinde "Allmendfeld“ gegründet, gleichzeitig im Westen des Kreises in der Nähe von Oppenheim die Siedlung "Hessenaue.“ Als vierte Siedlung entstand auf dem Gemeindegebiet von Lampertheim der Erbhofweiler "Rosengarten“, heute Vorort von Worms. Die überall ähnliche Architektur der Höfe im Heimatstil war bereits in der Weimarer Republik als das Idealbild des "deutschen Bauens“ für bäuerliche Siedlungen konzipiert worden. Die neuen Dörfer sollten als Mustersiedlungen einer in "Volkstum und Heimat verwurzelten Architektur“ entstehen. Die bäuerliche Baukultur sollte nach den Vorstellungen des Darmstädter Regierungsbaumeisters Kohl dazu beitragen, "einen neuen Adel von Bauern und Siedlern aufzubauen“. Der nationalsozialistische Architekt Leon Schäfer aus Darmstadt verlangte für die Ausgestaltung der neuen Höfe "eine gesunde, wirtschaftliche und nationale Bauweise“, die Bauweise sollte sparsam, mit heimatlichen Baumaterial und nachhaltig, nicht modisch ausgeführt sein; “...die landwirtschaftliche Siedlung ist unter dem Gesichtspunkt eines lebenden Organismus zu planen“. Um den Gedanken der dörflichen Gemeinschaft der Neusiedler zu stärken, sollte der Mittelpunkt jeder Siedlung "ein Zentralplatz mit dem Dorfbrunnen und dem Gemeinschaftshaus“ sein. (zit. nach Heyl, Heinbach, Wirtheim )

Wie im hessischen Ried sollte als Ausgleich für die bei Anlage der Feldflughäfen in Lieblos und in Nidda verlorenen Ackerflächen auf einer neu zu rodenden Fläche südlich von Neuses ein Erbhofdorf entstehen. Die Maßnahme wurde durch den Kreis Gelnhausen durchgeführt, der 1936 160 ha Gerichtswald an der Birkenhainer Straße kaufte. 1937 wurde das Barackenlager "Graf Reinhard von Hanau“ als Unterkunft für 240 Mitarbeiter des RAD errichtet, die zur Unterstützung der 130 Holzhauer aus dem Kreis bei den Rodungsarbeiten eingesetzt wurden. Die Fertigstellung des Erbhofdorfes "Waldrode“ mit 8 Erbhöfen und drei Arbeitersiedlungshäusern war für 1938 geplant und konnte auch eingehalten werden. Je Hofstelle konnten die Erbhofbauern zwischen 15 und 20 ha Land erwerben, eine Fläche, die damals als "Ackernahrung“ für eine Familie galt. Die Hofstellen kosteten je nach Größe 30000-45000,00 RM. Der Kreis stellte zinsverbilligte Kredite zur Verfügung. Die Siedlerfamilien kamen aus dem nordhessischen Raum und aus dem benachbarten Unterfranken. Wie in den anderen hessischen Erbhofdörfern war auch hier bei der Auswahl der Siedler neben deren Rassenreinheit die fachliche Qualifikation, einen solchen Hof erfolgreich zu führen, ausschlaggebend.

Nach den Leitlinien des nationalsozialistischen Siedlungsbaus wurde als Zentrum der Anlage ein rechteckiger, großer Anger angelegt, den man durch einen Weg in zwei Hälften aufteilte. Im unteren Teilbereich wurde ein Brunnen errichtet, in dessen Sockel man eine Urkunde zur Grundsteinlegung am 18.12.1936 einmauerte. Hier wurde auch eigens für den Bau der Häuser ein Dampfsägewerk errichtet, in dem die Zimmerleute aus Eidengesäß das Bauholz vor Ort bearbeiten konnten. An der Stelle des heutigen Feuerwehrhauses stand ein Backhaus, das zwecks Stärkung der dörflichen Gemeinschaft wohl den Backofen in den einzelnen Häusern ersetzten sollte. Ein Gemeinschaftshaus, das nach den Richtlinien sicherlich auf dem Platz vorgesehen war, kam nicht mehr zur Ausführung.

Die Höfe wurden als freistehende große Hakenhöfe in Mischbauweise errichtet. Auf Kellersockeln aus bossiertem Buntsandstein entstanden verputzte eingeschossige Wohnhäuser mit Satteldächern, Gaubenband und holzverschalten Giebeln. Die Giebelverschalung wurde teilweise dekorativ mit weiß gestrichenen Latten gegliedert. Die zweiflügeligen Fenster mit Quersprossen und Oberlicht sind mit Klappläden zu schließen, die in ihrer Originalform mit einer Dekoration aus weißen Wellenlinien teilweise noch vorhanden sind. (Nr. 20) Als Firstzier ist an Haus Nr. 23 ein Paar Giebelbretter in Form der niedersächsischen Pferdeköpfe erhalten. Die großzügigen Parzellen sind mit Sandsteinpfosten und Staketenzäunen eingefriedet. Im ersten Hof (Haus Nr. 20) wurde von Heinrich Lischeid aus Gilsarberg bei Treysa eine Gaststätte eingerichtet. 1938 waren die Häuser bezugsfertig, am 23. Juli 1939 fand die feierliche Einweihung mit dem Gauleiter Jakob Sprenger statt. Der magere Ertrag der Böden führte nach dem Krieg schnell zu einem Nutzungswechsel der Höfe. Heute werden mit einer Ausnahme die Hofanlagen als Wohnhäuser genutzt. Nicht nur die gesamte ursprüngliche Dorfanlage mit Anger und Brunnen ist in ihrer Konzeption gut ablesbar, auch die Gebäude sind trotz moderner Umbauten noch weitgehend erkennbar. Birkenhainer Straße 8 (KD), 18 (KD), 20 (KD) und 23 (KD) sind äußerlich nahezu unverändert in ihrer Ursprungsform erhalten und stellen ein wichtiges historisches Zeugnis der Siedlungstätigkeit im Dritten Reich dar. Die Höfe sind als Kulturdenkmäler geschützt.

Die ursprünglich errichtete Siedlung ist aus historischen Gründen als Gesamtanlage geschützt.

Birkenhainer Straße

17, 17 a,19, 23 (KD)

8 (KD), 10, 12, 14, 16, 16 a, 18 (KD), 20 (KD)

Zentrale Grünanlage mit Bolzplatz und Brunnen


Als Gesamtanlage nach § 2 Absatz 3 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Weitere Symbole für Kulturdenkmäler nach § 2 Abs. 1 HDSchG:
Wege-, Flur- und Friedhofskreuz, Grabstein
Jüdischer Friedhof
Kleindenkmal, Bildstock
Grenzstein
Keller bzw. unterirdisches Objekt
Baum
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