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Wetteraukreis
Büdingen
Lorbach
  • Gesamtanlage Herrnhaag
Gesamtanlage

1738 als Brüdergemeine von den Herrnhutern gegründet, auf einem Höhenrücken südwestlich von Büdingen nahe dem Hegeplatz gelegen. Daraus abgeleitet des "Herren Haag". In der Planung der Ansiedlung sind zum ersten Mal beispielhaft die Grundzüge eines Schemas ablesbar, das zum Modell für viele spätere Gründungen in Europa und Übersee wurde.

Um einen quadratischen Platz sind die Wohn- und Arbeitsgebäude der Lebens- und Arbeitsgemeinschaften, der sog. Chöre gruppiert. Das Zentrum des Platzes bildet ein technisch bemerkenswertes Brunnenbauwerk, das bis 1956 von einem polygonalen Pavillon geschützt wurde, der zur Blütezeit von einem kunstvollen Uhren- und Glockenspiel bekrönt war. Der quadratische Platz ist durch zwei kreuzförmig aufeinandertreffende Wege in vier ebenfalls quadratische Kompartimente eingeteilt. 1750, zwölf Jahre nach der Gründung, waren 17 Gebäude fertiggestellt, die Ansiedlung zählte fast 1000 Einwohner. Im gleichen Jahr wurde die Ansiedlung aus politischen Gründen wegen Auseinandersetzungen mit dem Landesherren verlassen. Nach Phasen der Vernachlässigung und Zerstörung ist nur ein Teil der Gebäude bis heute erhalten geblieben.

Das 1739-41 erbaute Haus der ledigen Männer (1), das Brüderhaus, ein breitgelagerter, strenger Fachwerkbau mit holzverschindelten Teilen und Krüppelwalmdach. Die mit Wirtschafts- und Arbeitsgebäuden versehene Vierflügelanlage, die sich im heutigen Gut und seinen Wirtschaftsgebäuden erhalten hat, diente als Fabrikationsstätte für feine Metallarbeiten und Kunsthandwerk wie Uhrmacherei, Gold- und Silberschmiede, Petschierstechen, Bau- und Kunsthandwerk.

Das Haus der ledigen Schwestern (2), das Schwestern- und Jungfernhaus, 1743 vollendet, liegt an der Nordwestecke des Platzes. Ein zweigeschossiger strenger, doch repräsentativer Bau mit hohem Mansarddach. Im Mansardengeschoß lagen die Schlafsäle und der sog. Chorsaal, wie er zu jedem Gemeinschaftsgebäude der Brüdergemeinde gehört.

An der Nordseite des Platzes, neben dem Schwesternhaus erbaute Siegmund August von Gersdorff 1744 das Wohnhaus des Grafen Zinzendorf (3), des geistigen Oberhauptes der Gemeinde. In der Fassade zum Platz hin ist der Bau fast identisch mit dem Schwesternhaus. Es handelt sich jedoch um einen Vierflügelbau mit großem Kirchensaal im Mansardgeschoß. Dies Haus, dessen Saal gemeinschaftlichen Zwecken diente, wurde „Lichtenburg" genannt (Erleuchtung).

Im östlichen Eingangsbereich der Anlage steht das 1742 erbaute, ehemalige Gemeinlogis (4), das für fremde Gäste, die die Gemeinde kennenlernen wollten, bestimmt war. Ein einfacher, zweigeschossiger verputzter Stein-Fachwerk-Mischbau mit Krüppelwalmdach. Gegenüber ein kleines Gebäude mit Resten der ehemaligen Apotheke, im Türsturz 1738 bezeichnet (5). In dem ehemaligen Doppelhaus befand sich in der 2. Hälfte das Chorhaus der Witwer.

Die verschwundenen Gebäude sind in ihren Grundmauern noch teilweise erhalten. Zu ihnen gehören:

(7) Brunnen, ehem. Brunnenhaus,

(8) Chorhaus der Witwen, 1747,

(9) ehem. Doppelhaus, das dem Maler Valentin Haidt und dem Bürgermeistersohn des damaligen Schweizer Stadtkantors Hofer als Wohnung diente,

(10) ehem. Haus des Arztes Dr. Schönberg (Ausbildungsstätte für die ärztliche Mission)

(11) ehem. Haus des Herrn von Peistel

(12) Gemeinhaus (1740), diente zunächst als Pilgerherberge und später als Waisenhaus. Im Erdgeschoß befand sich der "Gemeinladen".

(13) Privathäuser (z. B. Möbelwerkstatt Abraham Roentgen)

An verschiedenen Stellen, vor allem an der Nordseite des Platzes, ist das barocke Pflaster mit dem alten Straßenprofil erhalten. Die großartige, in Zeichnungen überlieferte Gartenanlage mit ihren verschiedenen Terrassen, Balustraden und Bassins ist nur noch im Geländeprofil nach Norden abfallend ablesbar. Den Abschluß der Anlage bildet der alte Gottesacker (6) mit der für die Herrnhuter typischen Grabordnung nach Chören und Geschlechtern getrennt, wie im Leben. Von den über 400 Bestattungen sind ungefähr zwei Dutzend flache, schmucklose Platten erhalten.


Als Gesamtanlage nach § 2 Absatz 3 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen und städtebaulichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Weitere Symbole für Kulturdenkmäler nach § 2 Abs. 1 HDSchG:
Wege-, Flur- und Friedhofskreuz, Grabstein
Jüdischer Friedhof
Kleindenkmal, Bildstock
Grenzstein
Keller bzw. unterirdisches Objekt
Baum
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