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1903 gab es erste Überlegungen, am „Großen Sprudel" ein neues Badehaus zu errichten. 1904 legte der junge Architekt Wilhelm Jost nach umfangreichen Vorstudien einen Neuordnungsvorschlag vor, der anstelle des überkommenen Konglomerats von Einzelbauten eine einheitlich geplante Gesamtanlage vorsah. Josts Entwurf wurde in den Jahren 1905-1910 realisiert, der Architekt leitete die Ausführung als Vorstand einer eigens für den Nauheimer Kurbetrieb eingerichteten Baubehörde. Der Abbruch alter Badehäuser am „Großen Sprudel" und die Errichtung des Jost'schen Neubaus erfolgte in Etappen und nur während der Winterzeit, um die Benutzung der Badeeinrichtungen nicht allzu sehr zu beeinträchtigen.
Insgesamt wurden sechs neue Badehäuser errichtet. Sie nahmen die Form eines symmetrischen, auf drei Seiten geschlossenen Hofes an, der sich nach Westen, zum Kurpark hin, öffnete. Die drei im Hof gelegenen Brunnen faßte der Darmstädter Bildhauer Jobst neu, als weiterer plastischer Schmuck im Hof kam noch ein Löwe als Standbild hinzu.
Jost löste die Baumasse in eine Vielzahl von Pavillons auf, die einzelnen Badehäuser wurden durch weitere Binnenhöfe strukturiert. Als Rückgrat des weitläufigen Bauensembles führte der Architekt eine Längsachse ein. Ihr westlicher Ausgangspunkt war das Kurparkrondell. Von dort führte sie über eine Usa-Brücke in den „Sprudelhof", wo sie zugleich als Symmetrieachse fungierte. Im Osten war ihr Bezugspunkt der Bahnhof, von ihm aus wies die Bahnhofsallee direkt den Weg zu den neuen Badeanlagen. Den vom Bahnhof Kommenden nahmen hier zwei symmetrisch vorgelagerte Verwaltungsgebäude in Empfang. Zwischen den Verwaltungsgebäuden überwand eine Freitreppe die Höhendifferenz zum tiefer gelegenen Hofbezirk.
Die beiden westlichen Badehäuser wiederholten das mit den beiden Verwaltungtrakten eingeführte Motiv des Torbaus. Die Arkaden, die den Hof auf den geschlossenen Seiten einheitlich umgaben, stellte Jost hier frei vor das Gebäude. Die erzielte Einschnürung markierte den Eingang zum Kern des „Sprudelhofes", im Aufriß kamen zwei Dachreiter als weithin sichtbare Zeichen hinzu.
Die Neufassung der beiden bedeutendsten Nauheimer Sprudel, des „Großen Sprudels" von 1846 und des „Friedrich-Wilhelm-Sprudels" von 1855, im Zentrum der Anlage definierte Jost als Schnittpunkt der bestimmenden Längsachse mit einer Querverbindung. Sie führte nach Norden und Süden zu älteren Badehäusern, die in die Neukonzeption des „Sprudelhofes" einbezogen wurden. In der Zeit nach dem 2. Weltkrieg erfolgte ihr Abbruch. Nicht nur Kriegsbeschädigungen, sondern auch mangelnder Wille zur Bauunterhaltung waren ausschlaggebend. Heute nehmen ein neues Thermalbad und ein großer Parkplatz anstelle der beseitigten Badehäuser den Raum in der unmittelbaren Nachbarschaft des „Sprudelhofes" ein. Die Fassung des gesamten Areals durch die in Form eines Bogens geführte Ludwigstraße, früher als „Curve" bezeichnet, geht auf die Anlage des Kurparks durch Heinrich Siesmayer zurück. Die „Curve" verband das östlich der Usa gelegene Gebiet um die Sprudelquellen mit dem sich hauptsächlich westlich des Nauheimer Hausflusses sich erstreckenden Kurpark. Jost setzte an dieser Nahtstelle mit dem neuen „Sprudelhof" einen baulichen Akzent von vorher nicht gekannter Dominanz.
Axialität und Symmetrie der städtebaulichen Gesamtkonzeption wie auch das Pavillonsystem der Baumassengliederung sind als neubarock anzusprechen. In der bewegten Linienführung der Gebäudeumrisse deutet sich zugleich ein Element des Jugendstils an. Bei den äußeren Baudetails wie den Portalen, Dachaufbauten oder Putzstrukturen überlagert sich die immer noch klassische Architekursprache des Neubarock mit den vegetabilen Formen des Jugendstils. Der unverwechselbare Eindruck des „Sprudelhofes" im äußeren Gesamtbild hat hier seinen Ursprung. Für dessen weit über Bad Nauheim hinausreichenden Ruf war aber vornehmlich die innere Ausgestaltung der einzelnen Badehäuser verantwortlich. Jost vereinigte hier Architektur mit Bildhauerei und Malerei zu einem „Gesamtkunstwerk". Die Idee dazu war insgesamt den Vorstellungen des Jugendstils verpflichtet, im Detail wurde sie in einer eklektizistischen Stilvielfalt verwirklicht.
Jost entwickelte für alle Badehäuser ein identisches Schema. Von der Sprudelhof-Arkade war zunächst ein stets zweigeschossiger Wartesaal zu erreichen. Ihm schloß sich ein Schmuckhof an, dessen beiden Längsseiten von Badezellen gesäumt wurden. Den rückwärtigen Abschluß bildeten Wirtschaftsräume. Bei der Ausführung wurde das einfache Ordnungsmuster Variationen unterzogen, die dem Besucher Abwechslung und Orientierung boten. Mit der Binnenarchitektur der Badehäuser wiederholte Jost das mit der Gesamtanlage eingeführte Thema des Hofes, der Wasserquellen umschließt. In unterschiedlichen Formen ist in allen Schmuckhöfen auf Brunnen zu treffen. Die Brunnen-Entwürfe stammten vornehmlich von dem Bildhauer Jobst, der ja auch für die Neufassung der drei Sole-Quellen im Zentrum des „Sprudelhofes" verantwortlich war. Die Schmuckhöfe insgesamt rufen unterschiedliche Assoziationen hervor. Kannelierte dorische Säulen, die ein vorspringendes Dach unterstützen (Badehaus 6), erinnern an das antike Atriumhaus, eine Pergola auf seitlichen Säulenreihen an klassizistische Landhausarchitektur (Badehaus 3), ein gedeckter Umgang an klösterliche Kreuzgänge (Badehaus 7, die sechs Badehäuser sind von 2-7 numeriert). Das Kloster-Motiv erfährt eine Verstärkung durch die Addition der Badezellen und durch die introvertierten Wartesäle, die die Stimmung eines Sanktuariums vermitteln.
Im Zusammenhang mit den rein baulichen Formen kam auch die Malerei und vor allem die Plastik zu ihrem Recht. Keramik-Fabelwesen, wie sie aus Barock und Renaissance bekannt sind, aber auch vier von Friedrich Wilhelm Klenkens gemalte stilisierte Schutzengel im Wartesaal des Badehauses 2 symbolisieren zusammen mit den schon angesprochenen Brunnen die Heilkraft des Wassers. Sie bezieht sich auf den menschlichen Körper, der in seiner natürlichen Ungebrochenheit dargestellt wird. Sei es, daß er sich im eurythmischen Tanz befindet (Terrakotta-Relief im Schmuckhof von Badehaus 2), sei es, daß er statuarisch seine urtümliche Kraft zeigt (Terrakotta-Pfeilerfiguren im Schmuckhof von Badehaus 7).
Die bildnerischen Darstellungen sind in einem architektonischen Rahmen zu sehen, bei dem die ornamentale Wirkung der verwendeten Materialien stets mit äußerster Sorgfalt bedacht wurde. Putzstrukturen, Marmorverkleidungen, Muschelkalk, glasierte Ziegel, Terrakotta und andere Keramikverkleidungen trugen zu einem farbintensiven Bild bei, das durch die gärtnerische Behandlung der Schmuckhöfe noch gesteigert wurde. Fast überflüssig zu erwähnen, daß auch sämtliche Ausstattungsgegenstände der Badehäuser von Jost eigens entworfen wurden. Bei der Herstellung standen dem Architekten hervorragende Manufakturen zur Seite. Josts Möbelentwürfe wurden in den Darmstädter Werkstätten von Ludwig Alter und Josef Glückert verwirklicht, seit 1906 gab es die Großherzogliche Keramikmanufaktur unter der Leitung von Jacob Julius Scharvogel, der auch eigene Detail-Entwürfe zum „Sprudelhof" beitrug. Von Anfang an wurde mit dem neuen Bauwerk nicht nur das Nauheimer Badepublikum angesprochen, sondern auch eine größere Öffentlichkeit. Das Badehaus 7 des „Sprudelhofes" wurde 1908 auf der Hessischen Landesausstellung ausführlich dokumentiert.
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