Hof Güll 1, nordwestliche Scheune
Hof Güll 1, barockes Wohnhaus
Hof Güll 1, nordwestlich gelegenes Wohnhaus, nördlich Wirtschaftsgebäude in geschlossener Bauzeile
Hof Güll 1, nordwestliche Bauzeile, ungenutzte Wirtschaftsgebäude
Hof Güll 1, Brennhaus
Hof Güll 1, nördliche Wirtschaftsgebäude
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Gießen, Stadt und Landkreis
Lich
Muschenheim
  • Hof Güll 1
  • Welsbach
  • Hinter der Gartenmauer
Sachgesamtheit Hof Güll
Flur: 24
Flurstück: 12, 13, 8

Die nordwestlich von Muschenheim am Nordufer des Welsbaches in einer Bodensenke gelegene Hofanlage war einst ein Hof des Klosters Arnsburg. Seine Anfänge reichen, da 799 eine Besitzung „zu Gullen" dem Kloster Lorsch geschenkt wird, wahrscheinlich noch bis ins 8. Jahrhundert zurück. Auf jeden Fall existierte er bereits unter dem Namen „Hoven Gulle", als 1151 das Benediktinerkloster Altenburg, ein Vorläufer des Zisterzienserklosters Arnsburg, gestiftet wurde. Nach der Gründung des Klosters Arnsburg 1174, das alle Güter Altenburgs übernahm, wurde er zunächst von einem „magister", d.h. von einem Hofmeister, ab 1246 von einem „grangiarius", einem Ökonomiebeamten, verwaltet und sukzessive vergrößert.

Nach schweren Verwüstungen und Brandschatzungen im 14. und 15. Jahrhundert und während des Dreißigjährigen Krieges, die das Klostergut an den Rand des Ruins führten, begann mit dem 47. Abt von Arnsburg, Robert Kolb, der 1674 das Kloster und seine Güter übernahm, ein erneuter Aufschwung mit reger Bautätigkeit. Unter seiner Herrschaft entstand 1699 auf den Resten eines Vorgängerbaus das Wohnhaus, während der 50. Abt, Antonius Antoni, 1715 zwei Scheunen und zwischen 1720 und 1730 einen Schweinestall sowie eine Wasserleitung erbaute.

Nach der Auflösung des Klosters Arnsburg infolge des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 fiel Hof Güll zunächst an das Gesamthaus Solms, später an die Linie Solms-Braunfels. Über mehrere Generationen betrieb nun die Pächterfamilie Hofmann den Hof, dessen Produkte vor allem in Butzbach, Lich und Gießen abgesetzt wurden. Aufschwung brachte der Bau der Main-Weser-Bahn ab 1850. Der Export stieg nun erheblich, so dass ab 1891 zusätzliche Saisonarbeiter, zum Teil aus Ostpreußen und Posen, eingestellt werden mussten. Seit 1972 bewirtschaftet Josef Lischka mit seiner Familie das Anwesen.

Äußere Begrenzung der Gesamtanlage ist die alte, hohe Bruchsteinmauer, die das großflächige Gesamtareal einschließlich des Südufers des Welsbaches weiträumig umschließt. In diesen äußeren Ring eingelagert ist der allseitig von Gebäuden gerahmte große Innenhof.

Er kann noch heute durch die nach Osten gerichtete, von jüngeren Nebengebäuden gerahmte, ursprüngliche Toranlage betreten werden. Langgestreckt und mit einem Satteldach abschließend, hat das romanische, und somit älteste Bauwerk des Hofes zwei rundbogige Öffnungen. Die eine, das Haupttor, zeigt in den Laibungen profilierte Kämpfer, die andere, die Nebenpforte, hat einfache Werksteinlaibungen.

Ein zweiter, wohl erst im 19. Jahrhundert entstandener Eingang mit Sandsteinpfeilern und schmiedeeisernem Tor liegt in der Nordostecke. Hier beginnt auch die aus vier durchgehend aneinander gereihten Wirtschafts- und Stallgebäuden gebildete Gebäudeabfolge auf der Nordseite, der auf der gegenüber gelegenen Südseite eine ähnliche Zeile von flachen Wirtschaftsgebäuden entspricht.

Wichtigstes Gebäude der Anlage ist jedoch das barocke, auf mittelalterlichen Fundamenten errichtete Wohnhaus. Das massive, zweigeschossige Gebäude mit gebrochenem Mansardwalmdach ist traufseitig zum Hof bzw. zur Hauptachse orientiert. Es hat eine siebenachsige Fassade mit gleichmäßig gereihten hochrechteckigen Fenstern. Sein mittig gelegenes Hauptportal wahrt im Sturz die Inschrift: „ABBAS ME STATVIT ROBERTVS FORTIS ET AVDAX: CVI POST LONGAEVVS FVNERA STABIT HONOS", die, als Chronostichon gelesen, die Jahreszahl 1699 ergibt. Eine zusätzlich über dem Portal eingelassene, rechteckige Sandsteintafel zeigt das von Löwen gehaltene Abtswappen sowie die Inschriften: „ANNO DNI 1700" und „F. ROBERT KOLB DE MO/ GUNT. ABBAS ARNSB: XLVII/ RESTAVRATOR MNRII ET VILLARV/ ME FIERI CVRAVIT".

Weitere bemerkenswerte Gebäude sind das links vom Wohnhaus stehende Brennhaus, dessen Funktion durch einen hohen Schornstein auf der Rückseite deutlich wird, und das im vorderen Teil des Hofraumes gelegene kleine Wiegehäuschen.

Zusammen mit der technikgeschichtlich wertvollen alten Dampfmaschine, die im Innenhof aufgestellt ist, dem oktogonalen Holzpavillion im Park, dem Teich und dem alten Baumbestand ist die Hofanlage mit allen Gebäuden aus geschichtlichen Gründen Kulturdenkmal im Sinne einer Sachgesamtheit.


Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Weitere Symbole für Kulturdenkmäler nach § 2 Abs. 1 HDSchG:
Wege-, Flur- und Friedhofskreuz, Grabstein
Jüdischer Friedhof
Kleindenkmal, Bildstock
Grenzstein
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