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Das bedeutende romanische Bauwerk erhebt sich auf einem schroffen Kalkfelsen hoch über der Lahn und beherrscht gleichermaßen den kleinen Ort am Berghang wie auch die gesamte nähere Umgebung. Die Errichtung einer Kirche durch den hl. Lubentius, einem Trierer Priester, der im 4. Jahrhundert Missionsreisen in das heidnische Lahngebiet unternommen haben sollte, beruht auf einer Legende, sicher ist jedoch, dass Dietkirchen bei der Etablierung der christlichen Religion mit Sicherheit eine äußerst bedeutende Rolle spielte. Der neue Glaube fasste jedoch erst gegen Mitte des 6. Jahrhunderts im Lahngau Fuß. Durch Quellen gesichert ist die Gründung eines Kollegiatsstiftes 839/841 bei einer bereits vorher bestehenden Urpfarrei (Dietkirchen = Volkskirche). Wahrscheinlich zu diesem Anlass wurden die Gebeine des Heiligen von seinem Sterbeort Kobern/Mosel nach Dietkirchen übertragen. Dietkirchen wurde seiner kirchenpolitischen Bedeutung entsprechend vielleicht schon um 900 Sitz des Archidiakonats für das rechtsrheinische Trierer Bistumsgebiet, ein gesicherter Nachweis stammt allerdings erst von 1021/1031, der Archidiakon war seit Ausgang des 11. Jahrhunderts zugleich Stiftspropst.
Archidiakonat und Stift waren Auftraggeber der sich über Jahrhunderte hinziehenden Umbauten und Erweiterungen der Stiftskirche, die sich heute als dreischiffige Emporenbasilika zu fünf Jochen mit wenig vortretendem, zweijochigen Querhaus, Chorapsis und westlicher Doppelturmfront darstellt. Das heutige Gebäude ist jedoch Ergebnis einer komplexen, in Einzelheiten noch nicht völlig geklärten Baugeschichte.
Baugeschichte
Vermutlich bestand in vorkarolingischer Zeit eine Holzkirche, die durch einen ersten bescheidenen Massivbau abgelöst wurde, wie frühkarolingische Keramikfunde von etwa 730 belegen. Es handelte sich hierbei um einen rechteckigen Saalbau mit schmalerem, querrechteckigen Chor und zwei angrenzenden, jedoch selbständigen Reliquienkapellen, wobei die nördliche wahrscheinlich die Steinkiste mit den Überresten des hl. Lubentius aufnahm (Kalksteinsäule des 9. Jahrhunderts im Diözesanmuseum Limburg).
In ottonischer Zeit (um 1000) wurde der Vorgängerbau zu einer dreischiffigen, basilikalen Anlage in der heutigen Breite, jedoch mit kürzerer Längenausdehnung erweitert. Im Osten gruppierten sich zwei wenig vorspringende Querarme sowie eine Mittelapsis, vor deren Altar das gemauerte Grab des Heiligen stand. An das nördliche Querhaus wurde die Michaelskapelle angefügt. Im Westen stand ein mächtiger, quadratischer Turm, der vielleicht zu Wehrzwecken diente.
In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts erfolgte der entscheidende Ausbau zur heutigen Größe. Das flachgedeckte Querhaus wurde um das Doppelte nach Osten vergrößert, so dass es nahe an den Felsabsturz rückte. Um die Stiftsbauten auf der Südseite der Kirche zugänglich zu halten, wurde der Neubau mit einem Gang unterfangen – hierdurch kam es zu einer bedeutenden Niveauerhöhung von Querhaus und Chorapsis. Der halbrunde Gang selbst umzog die im Oberbau abgebrochene ottonische Apsis. Das bestehende Langhaus wurde nach Westen erweitert und mit dem Bau einer Doppelturmanlage ohne Eingang begonnen.
Anfang des 12. Jahrhunderts wurde das Langhaus als flachgedeckte fünfjochige Pfeilerbasilika mit kreuzgratgewölbten Seitenschiffen neu errichtet sowie die beiden Turmobergeschosse erbaut.
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde die Stiftskirche nach dem Vorbild der um 1150 erbauten Klosterkirche von Niederlahnstein zur Emporenbasilika umgestaltet. Dies bedingte eine Erhöhung der Mittelschiffswände, um dort große Rundbogenarkaden sowie einen neuen Lichtgaden einfügen zu können. Zudem wurden eine offene steinerne Westempore mit einer zentralen balkonartigen Auskragung sowie eine Sakristei an der Stelle der südlichen Querhausapsis angebaut.
Angeregt durch das Vorbild der nahen Limburger Stiftskirche wurde im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts Querhaus und Vierung eingewölbt. Durch Einstellung von quadratischen Pfeilern unter den Vierungsbögen des Querhauses entstanden sechs schmale Joche, die mit einem Kreuzgewölbe mit Wulstrippen ausgestattet wurden. Das Vierungsgewölbe wurde mit der Darstellung der vier Paradiesesflüsse in unmittelbarer Abhängigkeit der Limburger Vorbilder geschmückt. Um mehr Licht in die Kirche zu lassen, vergrößerte man die Fenster im Querhaus, der Mittelapsis und den Obergaden. Wahrscheinlich bereits zu einem etwas früheren Zeitpunkt wurden die Giebel und Rhombendächer der Westtürme aufgesetzt.
Die unterschiedlichen Umformungen der einzelnen Bauabschnitte lassen sich teilweise noch am Bau selbst ablesen, vor allem die Nord- und Ostansicht erscheinen durch die verschiedenartigen Bauteile wenig homogen. Selbst bei einheitlicher Stilstufe wurde in Details oft auf Symmetrie und Regelmaß verzichtet. Einheitlich in allen Zeitperioden wurde jedoch ein regelmäßiges Schichtmauerwerk aus Naturkalkstein im Mischverband mit grünem Schalstein verwandt, dessen ursprünglicher Verputz heute vollständig fehlt.
Eine durchgreifende Renovierung und partielle Neuausstattung des Innenraumes der Mitte des 19. Jahrhunderts (1855/56) führte zu einer Absenkung des Fußbodenniveaus der einst um circa 0,75 m höheren Ostpartie sowie zu einer Vergrößerung der Emporenöffnungen, die zum Verlust der darin eingestellten Arkadenreihen führte. Letzteres wurde bei der ab 1955 erfolgenden Sanierung wieder rückgängig gemacht. Ebenso wurde die aufwändige neoromanische Farbfassung des Münchner Malers Johann Georg Baudrexel entfernt und die ursprüngliche Farbgebung des frühen 12. Jahrhunderts anhand einiger erhaltener Reste rekonstruiert. Eine Neuordnung des Chorbereichs geschah in Befolgung der liturgischen Vorschriften des II. Vatikanischen Konzils in den 1970er Jahren (Hauptalter und Ambo von Hein Gernot, Köln 1977/78).
Von der mittelalterlichen Ausstattung der Kirche ist nur wenig erhalten. Hierzu zählen vor allem der kleine (leere) Steinsarg des Stiftsheiligen sowie das ursprüngliche, spätromanische Taufbecken aus Basaltlava mit einem Mittelfuß und sechs Säulchen (hölzerne Beckenhaube mit Volutendekor um 1600). Neben zwei Türblättern mit qualitätvollen Beschlägen des 13. Jahrhunderts (im 19. Jahrhundert erneuert bzw. ergänzt) blieb ein äußerst qualitätvoller Türzieher aus Bronzeguss (2. Hälfte 12. Jahrhundert), der sich ehemals an der Sakristeitür befand, erhalten (Original im Diözesanmuseum Limburg). Zu unterschiedlichen Zeiten entstand das Büstenreliquiar des hl. Lubentius, das in einem Schrein auf der Mensa der Lubentiuskapelle aufgestellt ist. Das silbervergoldete Haupt wurde um 1300 im Rheinland gearbeitet, während der mit Edelsteinen und Emailapplikationen verzierte Brustteil des Reliquiars 1477 von dem Dietkirchener Kanoniker Johannes Schrepgin von Hachenburg gestiftet wurde.
In Stilformen und Darstellungsweise bereits der frühen deutschen Renaissance zuzurechnen ist das aufwändige Prunkepitaph des 1550 verstorbenen Philipp Frei von Dehrn, welches zu den bedeutendsten Bildwerken des 16. Jahrhunderts in der Region zählt. Es zeigt den betenden, in einen kostbaren Harnisch gehüllten Verstorbenen in Lebensgröße, der von einem geschweiften Bogen über zwei Säulen gerahmt wird. Ahnenprobe und eine von zwei Putten gehaltene Inschrifttafel im Sockelbereich vervollständigen das Kunstwerk.
Ein Großteil der weiteren Ausstattung entstand in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts unter der Ägide des Pfarrers Caspar Schorn (gest. 1702), der nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges neben der Errichtung der barocken Fachwerkvorhalle mit Schweifgiebel auch für eine umfassende Erneuerung der Inneneinrichtung sorgte. Er ließ den mittelalterlichen Steinlettner niederlegen, eine neue Bestuhlung anfertigen und regte die Herstellung der heute noch vorhandenen Orgel an (fertig gestellt 1711/12, Orgelbauer Johann Jakob Dahm, Mainz).
Als weitere Ausstattungsstücke sind die beiden Marmoraltäre im Querschiff zu nennen: in der nördlichen Apsis der Marienaltar aus zweifarbigen Marmor mit der Skulptur der stehenden Muttergottes, gestiftet 1758 von Stiftsdekan Heinrich Distel und dessen Bruder Johann Distel, im Süden Petrusaltar mit vergleichbarem Aufbau, gestiftet 1760 von dem Stiftsdekan Johann Carl Klein. Von außergewöhnlicher Qualität sind die 1699 entstandenen Holzskulpturen von Maria und Johannes seitlich eines nicht dazu gehörenden Kruzifixus im nördlichen Seitenschiff. Sie stammen von der Hand des Hadamarer Bildhauers Johann Valentin Neudecker d. Ä (1663-1718) und standen ursprünglich am ehemaligen Chorgitter.
Die Michaelskapelle
Die Michaelskapelle entstand vermutlich schon vor dem Jahre 1000 nordöstlich der Chorpartie der Stiftskirche. Ihr heute nicht mehr zugängliches Kellergewölbe diente wie bei der gleichnamigen Kapelle in Limburg als Beinhaus (Karner). Der im Grundriss längsrechteckige Bruchsteinbau besitzt im Erdgeschoss eine Apsidiole, die Fragmente einer mittelalterlichen Wandmalerei wohl aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts zeigt. Die noch erkennbaren Reste belegen, dass sich hier die Darstellung des thronenden Christus umgeben von den vier Evangelistensymbolen befand. An der Westwand stark überarbeitetes Fresko einer vielfigurigen Kreuzigungsszene, erstes Drittel 20. Jahrhundert An der Südwand der Kapelle neugotischer Altar mit einem Gemälde des Erzengels Michael von Johann Georg Baudrexel, 1857.
Dreifaltigkeitskapelle
Die südöstlich direkt an den Chor der Stiftskirche angebaute Kapelle wurde von dem Stiftskanoniker Johann von Attendorn († 1390) erbaut und 1378 erstmals erwähnt.
Barockisierung des schlichten Saalraumes unter dem Dekan und Pfarrer Caspar Schorn, der auch 1699 den Hauptaltar stiftete, dessen reiche Schnitzarbeiten von Christian Diezer und Johann Neudecker aus Hadamar stammen. Die Hauptfigur einer Maria Immaculata inmitten eines Palmenwäldchens wird von den Seitenfiguren der hll. Joachim und Anna sowie der oberhalb schwebenden Heilig-Geist-Taube umgeben. Der hohe, mit üppigem Akanthuslaubwerk geschmückte Auszug umfängt ein ovales Bild, in dem Abraham die Geburt eines Sohnes angekündigt wird. Der gesamte Rest der Ostwand wird von sechs großen Ölgemälden mit der Darstellungen der Erschaffung der Welt eingenommen. An der Nordwand farbig gefasstes Relief von etwa 1730: Maria und Christus erflehen Vergebung für die sündige Menschheit. Auf der Südseite Retabel aus dem Ende des 17. Jahrhunderts mit späterem Ornamentdekor der Zeit um 1730 und 1760, in der Mittelnische eine moderne Marienfigur. Im Zentrum des Deckengewölbes kleines Rundbild der Hl. Dreifaltigkeit, späteres 19. Jahrhundert.
Die Dietkirchener Stiftskirche St. Lubentius ist geprägt von einer für die Architektur der Zeit typischen kubischen Massigkeit und Schwere der Bauglieder, die nur im Innern durch das hallenartige und reicher strukturierte Querhaus etwas aufgelockert wird. Architektonischer Anspruch und Qualität der Ausstattung erinnern bis heute an die bedeutende kirchenpolitische Stellung des Stifts und Archidiakonats innerhalb des Bistums Trier.
Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.
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