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Über die gotische Lauterbacher Marienkirche, unmittelbare Vorgängerin des heutigen Gotteshauses, gibt lediglich eine Grundrisszeichnung aus dem Jahr 1745 Auskunft. Demnach war sie eine zweischiffige, etwa quadratische Stufenhalle zu vier Jochen. An das Hauptschiff schloss im Osten der zweijochige Chor mit 5/8-Schluss an. Im Winkel zwischen dem Chor und dem im Norden gelegenen Seitenschiff stand ein niedriger quadratischer Turm, an den im Osten die Sakristei angebaut war. Die Baugeschichte dieser Kirche ist im Wesentlichen ungeklärt; auf eine mögliche Fertigstellung im ersten Drittel des 14. Jahrhunderts weisen sowohl eine Altarweihe 1335 als auch die Form zweier wieder aufgefundener Gewölbeschlusssteine aus dem Seitenschiff hin. Der Turm hingegen gehörte im Kern vielleicht bereits zu einem Vorgängerbau.
Ein Beinhaus nördlich der Marienkirche wurde 1610, die Kirche selbst 1763 abgebrochen. Sie war wohl in Teilen baufällig, sicher aber zu klein für die inzwischen stark angestiegene Stadtbevölkerung, jedenfalls aber genügte sie dem Repräsentationsbedürfnis der Stadtherren nicht mehr. Dass diese letztendlich eine „Residenzkirche" wünschten, zeigte sich, als sie die Stadtbewohner aufforderten, die Bemühungen um den spätestens 1744 ins Auge gefassten Kirchenneubau zu forcieren, woraufhin die Bürgerschaft meinte, dass sie „nicht schuldig ware in die Residenz der herrschaftl. Familie u= in die Stadt des Landes aus eigenen Kräfften eine Kirche zu bauen, viel weniger es konnte", so Jean Louis Tilleur in seiner Chronica.
Der besonderen Bedeutung des Kirchenneubaues für seine Familie verlieh schließlich Erbmarschall Hermann (†1745) Ausdruck, indem er mit der Begründung, „daß unß der Bischoffliche Nahme nicht umbsonst gebühre", eine finanzielle Unterstützung ankündigte.
Der Gedanke, die neue Kirche wegen der beengten vorgegebenen Platzverhältnisse an anderer Stelle zu errichten, wurde fallengelassen, ein erster interessanter Plan von 1746, der einen ovalen Grundriss vorsah, nicht in Angriff genommen.
Trotz weiter bestehender finanzieller Probleme erfolgte der Neubau schließlich 1763-68; Planverfasser war vermutlich Georg Koch aus Rodach bei Coburg, die Ausführung unterlag seinem Sohn Georg Veit Koch. Durch die beiden Baumeister lässt sich - über die Stadtkirche und das ehemalige Jagdschloss in Rodach, beide von den Kochs errichtet, sowie über das in Rodach gültige Vorbild St. Moritz in Coburg - ein Bezug herstellen zu Bauten des Ansbacher Architekten Johann David Steingruber, dessen „Markgrafenkirchen" damit im weitesten Sinne als richtungsweisend für den Lauterbacher Neubau gelten können.
Der große Einfluss, den Georg bzw. Georg Veit Koch auch auf die innere Gestaltung des Lauterbacher Gotteshauses hatten, erklärt schließlich die Dekoration: es erscheinen die dezenten Formen noch des frühen Rokoko in zarter Farbgebung; sie sind der fast eine Generation älteren Ausstattung der Coburger Moritzkirche verpflichtet, wobei die Zurückhaltung freilich hier wie dort auch konfessionell bedingt ist.
Quer zum geosteten Vorgängerbau und unter Ausnutzung fast der gesamten Fläche des ehemaligen Kirchhofes - ohne dass die Platzwände dabei verändert wurden - entstand in Lauterbach die sehr stattliche, aus Sandsteinquadern errichtete Saalkirche, die mit ihrem Turm und dem mächtigen, schiefergedeckten Mansarddach das Stadtbild weithin dominiert. Die Fassadengliederung erfolgt durch zweigeschossig angeordnete, segmentbogig abschließende Fenster mit geohrten Gewänden. An allen Gebäudekanten erscheinen Kolossalpilaster unter Triglyphen (ähnlich, aber weniger die Fassadengliederung bestimmend, am Dom in Fulda), die das sehr kräftige, verkröpfte Kranzgesims tragen. Der eingezogene, polygonale Chor wie der vortretende Turm bedingen wirkungsvoll eine dichtere Pilasterstellung an den Schmalseiten.
Die siebenachsigen Längswände sind mit je zwei Portalen versehen, von denen die in der Mitte situierten sich durch Größe und Verdachung hervorheben. Die äußeren jeweils drei Fensterachsen werden im Obergeschoss durch Sohlbankgesimse zusammengefasst.
Ein entschiedener städtebaulicher Bezug des barocken Baues war freilich durch die vorgegebenen Platzverhältnisse kaum herzustellen, besonders akzentuiert werden konnte aber die zum Marktplatz gerichtete Hauptansichtseite; dort tritt der ansonsten in den Baukörper einbezogene Turm risalitartig vor und enthält das Hauptportal, besonders repräsentativ mit korinthischen Pilastern und aufwändigem Gebälk gerahmt, darüber Wappen und ein hohes geschweiftes Fenster durch Voluten zusammengefasst. Die sorgfältigen Bildhauerarbeiten hier stammen von Adam Weber aus Fulda, die anspruchsvollen Beschläge der Türen fertigte Schlossermeister Johann Thomas Schmidt aus Lauterbach.
Die Bauarbeiten am entsprechend der übrigen Fassadengestaltung in jedem seiner drei Geschosse mit seitlichen Pilastern und kräftigen Gurtgesimsen ausgestatteten Turm wurden 1766 eingestellt, ohne dass ein befriedigender Abschluss erreicht worden wäre. Bereits zu Anfang des 19. Jahrhunderts musste der obere Bereich wegen entstehender Bauschäden wieder abgetragen werden; 1821 wurde er durch Andreas Fink in der heutigen schlichteren Form neu aufgebaut und erhielt den achtseitigen, mit einer Kuppel abschließenden Aufsatz.
Das Kircheninnere öffnet sich als weiter, lichter Saal einer großen Predigtkirche; dreiseitig angeordnet sind die zweigeschossigen, auf toskanischen bzw. ionisierenden marmorierten Säulen ruhenden Emporen, die zum Altarraum hin mit vorgezogenen, verglasten Patronatslogen abschließen. In den Brüstungsspiegeln regelmäßig angeordnete Rocaillekartuschen. Auf der oberen, vorschwingenden Südempore der über lange Zeit ungefasste reiche Orgelprospekt, 1767-68 aus der Werkstatt Wegmann in Frankfurt am Main.
Eine von einem Stuckrahmen eingefasste regelmäßig geschweifte Fläche gliedert den flachen Deckenspiegel; ihr Rahmen ist wie die oberhalb eines Kranzgesimses ansetzenden, zum Deckenspiegel überleitenden Vouten, regelmäßig mit Rocaillen und Kartuschen besetzt.
Untypisch für eine Predigtkirche ist die Einschnürung des Altarbereichs durch die seitlichen Logen, den flachen Bogen unter der Decke und die über drei vorschwingenden Stufen errichtete niedrige durchbrochene Brüstung, die in klassizistischen Formen geschnitzt ist und mit mittigem Lesepult ausgestattet war. Der Altarraum hebt sich jedoch durch seine besondere Helligkeit hervor, da ihm Emporeneinbauten fehlen.
Die herausragende Bedeutung der Predigt im Gottesdienst wird offenkundig durch die an einen mächtigen barocken Altaraufsatz erinnernde Kanzelwand aus Stuckmarmor. Auf schwarzem, hinter dem Altar konkav zurückweichendem Sockel baut sich die rot marmorierte Wand auf, gegliedert durch vorgestellte graue Säulen mit korinthisierenden Kapitellen und abschließendes geschweiftes Gebälk; allenthalben, insbesondere an den Seiten der Kanzelwand und auf dem Gebälk „wachsen" weiße Rocaillen. Zwischen den Säulen erscheint an Stelle eines Altarblattes der blaue, ausladende Kanzelkorb unter drapiertem Baldachin. Darüber, aufgerichtet über einer Krone aus Voluten, steht eine goldene Kartusche mit dem Namen Gottes in goldenem Strahlenkranz. An der Decke im Chorraum wird die Kanzelwand gleichsam überhöht durch das dreieckige Auge Gottes, umgeben von Putten und einem weiteren mächtigen Strahlenkranz.
An den Längswänden stehen elf Epitaphien der riedeselischen Familie, die ursprünglich im Chor der Marienkirche in großem Rahmen architektonisch zusammengefasst aufgestellt waren und seit der großen Innenrenovierung 1906 ihre Plätze an den Längswänden der bestehenden Kirche gefunden haben. Sie sind jeweils mit Darstellungen der Verstorbenen und zum Teil auch ihrer Kinder versehen und stammen aus den Jahrzehnten zwischen 1530 und 1610.
Hervorzuheben ist das älteste, noch gotischen Vorbildern etwa im Landgrafenchor der Marburger Elisabethkirche verpflichtete, ursprünglich liegende Denkmal für Hermann V. Riedesel (†1532).
Die zeitlich folgenden sind typisch für die Renaissancezeit und weisen zum Teil mit Wappenpilastern, Gebälk und Giebeln noch auf die alte Aufstellungsweise hin. Bemerkenswert ist das Denkmal für Hermann VI. Riedesel (†1560) und seine Frau, bei dem im Überbau zwei Hermen erhalten blieben. 1580 wurde Andreas Herber aus Kassel beauftragt, das Epitaph für Hermann VIII. Riedesel, der 1569 in Limoges gestorben war, herzustellen. Es lässt im Hintergrund vielleicht eine frühe Darstellung des Schlosses Eisenbach erkennen, die möglicherweise Hugo von Ritgen bei seinem gotisierenden Umbau dort anregte. Von Herber signiert sind auch die Steine Volprechts I. (†1563) sowie Konrad II (†1593) und ihrer Ehefrauen. Zweimal erscheinen in den Übergiebelungen Auferstehungsreliefs, so auch bei dem Denkmal für Georg Wolf von Rotenhan (†1590), das nicht zu den großen Epitaphien gehört und mit seinen Putten, die Sanduhr und Totenkopf tragen, bereits barocke Anklänge zeigt.
Zwei weitere Epitaphien sind hinter der Kanzelwand aufgestellt. Das ältere aus dem Jahr 1632 zeigt außer einer von Rollwerk gerahmten Schriftfläche Engels- und Wappendarstellungen, das jüngere ist bald nach 1703 zur Erinnerung an drei kurz hintereinander verstorbene Kinder der Anna Sidonia Riedesel entstanden; es bleibt ohne bildliche Darstellung.
An Ausstattungsteilen aus der gotischen Kirche blieben außerdem erhalten: der kurz vor 1500 entstandene Marienaltar (jetzt im Hohhausmuseum), ein kleines Gabelkreuz und eine steinerne Muttergottes aus dem 14. Jahrhundert, eine um 1500 entstandene Kreuzabnahme sowie das stark überarbeitete Gemälde mit der Maria einer Verkündigung.
Neben der Kirche im Westen der steinerne Deckel eines Sarkophags, der dort bei Bauarbeiten im Boden gefunden wurde.
Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.
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