Hoher Nickel 12, Gustav-Adolf-Kirche, Südwestseite (Foto: Karin Berkemann, Büro kirchenkunst.info)
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Offenbach, Stadt und Landkreis
Rodgau
Weiskirchen
  • Hoher Nickel 12
Ev. Gustav-Adolf-Kirche
Flur: 6
Flurstück: 193

Baubeschreibung

Östlich der Bahnlinie und des Flüsschens Rodgau, nördlich des historischen Ortskerns von Weiskirchen liegt die Gustav-Adolf-Kirche. Wo sich „Hoher Nickel“ und Waldstraße kreuzen, ist das eingeschossige Schiff in die umgebende kleinteilige, in der Regel ein- bis zweigeschossige Wohnbebauung eingefügt. Überragt wird die weit im Straßenzug zurückgesetzte Kirche durch einen schlanken, bis an die Häuserflucht vorgezogenen Campanile. Das hell verputzte sattelbedachte Schiff erstreckt sich auf einem längsrechteckigen Grundriss von Norden nach Süden. Dem Baukörper ist nach Nordwesten eine Sakristei angegliedert, nach Norden zu „Hoher Nickel“ hin ein Eingangsvorbau vorgelagert.

Betritt man den Kirchenraum von Süden vom Straßenzug „Hoher Nickel“ über den kleinen Vorplatz und das Foyer, zielt der Raum mit seinem Mittelgang zwischen zwei Stuhlböcken nach Norden. Hier wird der erhöhte eingezogene Altarraum mit hölzerner Mensa an der Grenze zum Gemeinderaum durch Kanzel und Taufstein gerahmt. Die Wände des Schiffs belichten in Pastelltönen verglaste Rundbogenfenster. Die offene hölzerne Deckenkonstruktion zeigt ornamental bemalte Zugbalken, zum Altar hin mit dem biblischen Schriftzug „Aber des Herrn Wort bliebt ewiglich“ (Ps 119,89; 1 Petr 1,25).

Geschichte

Anfang des 20. Jahrhunderts versorgte man die wenigen Protestanten im traditionell katholischen Weiskirchen von Dudenhofen aus, erst 1964 wurde Jügesheim mit Weiskirchen ausgepfarrt und 1973 mit Hainhausen und Rembrücken zur selbständigen Kirchengemeinde erhoben. Als die Zahl der evangelischen Bürger durch Zuzüge nach dem Krieg anstieg, wurden die Gottesdienste zunächst provisorisch im katholischen Schwesternhaus gefeiert. Nach vielen Spendensammlungen und mit finanzieller Unterstützung des Gustav-Adolf-Werks konnte schließlich 1951 im Dorferweiterungsgebiet mit dem Bau der neuen evangelischen „Kapelle“ begonnen und diese 1952 eingeweiht werden.

1957 ergänzte der Offenbacher Architekt Fritz Reichard das Kirchenschiff um einen Glockenturm. Da zur Erbauung des Schiffs weder bei der Trinitatisgemeinde noch bei kommunalen Stellen noch beim Berliner Archiv des Gustav-Adolf-Werks die Genehmigungspläne vorliegen, kann Reichard als Architekt des Schiffs nur indirekt rückgeschlossen werden. Bereits zur Bauzeit verfügte das Schiff nicht über eine feste Bebankung, sondern war frei bestuhlt. 1970 wurde die Kirche unter dem Darmstädter Architekten Klaus Klofink (mit Eduard Boywitt) renoviert, wobei das Schiff einen kleinen Vorbau vor der Sakristei und einen Eingangsvorbau zur Straße hin bekam. 1980 bis 1981 erhielt Weiskirchen am anderen Ortsende ein eigenes evangelisches Gemeindehaus. Zuletzt wurde die Kirche bis 2010 durch die Darmstädter Architekten Uwe Blumenstein und Joachim Gottstein renoviert. Hierbei erneuerte man u. a. die Bleiverglasung und die Stühle und zeichnete den Eingangsvorbau durch ein Metallkreuz des Nieder-Rodener Künstlers Stefan Olbrich aus.

Bewertung

Städtebaulich ist die Gustav-Adolf-Kirche auf einem gut einsehbaren Eckgrundstück, an einer „Verkröpfung“ der Waldstraße verortet. Freistehend, im Straßenzug zurückgesetzt, prägt die Kirche vor allem durch den in die Häuserflucht vorgerückten Campanile die umgebende kleinteilige Wohnbebauung. Geschichtlich steht der frühe Nachkriegsbau für den Aufbruchswillen der nach 1945 wachsenden protestantischen Gemeinde in der Diaspora. Als „Kapelle“ mit Förderung des Gustav-Adolf-Werks errichtet, erhielten die Protestanten im Ortserweiterungsgebiet eine neue geistliche Heimat, die im Geist des Ursprungsbaus zeitnah um einen Campanile ergänzt und damit zur Kirche aufgewertet wurde. Künstlerisch trumpft der ausgewogen proportionierte Bau nicht durch eine marktschreierische Großform auf, sondern besticht durch eine maßstäbliche Eingliederung (mit kirchlicher Schwerpunktbildung) in die Umgebung und damit zeichenhaft auch in die weltliche wie christliche Gemeinschaft. Gerade der inzwischen selten gewordene, nahezu unveränderte Erhaltungszustand des im besten Wortsinn schlichten Gottesdienstraums, der mit der neuen Bestuhlung eine sensible Renovierung erfuhr, bezeugt einprägsam die klare gekonnte Bescheidenheit der ersten Nachkriegsjahre.


Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

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