Waldeck-Frankenberg, Landkreis
Vöhl
Vöhl
Evangelische Kirche, ehemals St. Cyriakus und Martinus
Flur: 15
Flurstück: 110/1
Lage und Topografie der "Kirchburg" lassen auf ein hohes Alter der Kirchengründung schließen, weit vor der Ersterwähnung Vöhls 1144 als "Vohulen". Ein Pfarrer wird erstmals 1225 genannt; nur wenig später könnte die Kirche, zu der der erhaltene romanische Portalbogenrest gehört, errichtet worden sein. Sie soll eine flache Balkendecke im Schiff gehabt haben, die – möglicherweise nach Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg – durch ein Holzgewölbe an einem Dachhängewerk ersetzt wurde. Ein weniger als halb so breites, aber langes Chorhaus mit Kreuzgewölbe schloss sich an. Erster evangelischer Pfarrer war Johann Matthäi im Jahre 1536.
Der baufällige Kirchturm wurde 1769 unter finanzieller Beteiligung der Kirchengemeinden in Basdorf, Marienhagen und Asel neu gebaut. Ein als Spolie in der Chorostwand umgedreht verbauter Stein nennt für 1781 Arbeiten am Mauerwerk der Kirche. 1838 war das bereits durch Futtermauern außen und im Innenraum durch Stützen gesicherte Bruchsteinmauerwerk der Langhaus-Außenwände so weit aus dem Lot gewichen, dass man sich zu einem Neubau entschloss. Im Herbst 1843 wurde das neue Kirchenschiff eingeweiht. 1866 wurden drei neue Glocken durch Carl Friedrich Ulrich in Apolda gegossen. Neue Orgel 1888 von Eduard Vogt & Sohn aus Korbach. Das Zifferblatt der Uhr stiftete 1928 Commerzienrat Henkel. 1973 erfolgte eine Restaurierung der Kirche. Die Grundmauern des romanischen Vorgängerchores wurden 1994 ergraben.
Die erhöhte Lage des Kirchhofs und der Kirche sowie die teilerhaltene, starke Kirchhofsringmauer legen eine frühere Kirchenbefestigung nahe. Besonders an und in den Häusern Kirchweg 6 und Schulberg 14 sind z.T. bis in Traufhöhe Reste der Bruchstein-Ummauerung erhalten geblieben.
Von der spätromanischen Kirche blieb der Bogen vom Turm ins Kirchenschiff, vermutlich ein Teil der zugehörigen aufgehenden Wand sowie ein Rest der Turmnordwand (Versatz außen neben dem Portal) erhalten. Das wuchtige Kämpferprofil aus Doppelwulst und Kehle sowie die vortretende Basis lassen sich in das zweite Viertel des 13. Jahrhunderts datieren.
Der wuchtige, im Mauerwerk zweifach rückgestufte Turm ist ein barocker Neubau vermutlich auf den Fundamenten und mit dem Material des Vorgängers. Kleines Westportal und je ein Rundbogenfenster nach Norden und nach Süden, mansarddachartige Glockenstube und achteckiger Schaft mit flacher Haube. Die Spolie in der Ostwand noch vom Vorgängerbau: "Supremam Hassiae salutem Ludovico nono res Voelensium humanas Neidhardo et Eigenbrodio divinas frankio curante retecta sunt templi Voelensis moenia. A[nno] S[alutis] MDCCLXXXI". Das chorlose Schiff ist ein schlichter Saalbau von fünf Fensterachsen Länge mit umlaufendem Gesims in Fenstersohlbankhöhe. In der Nord- und Südwand mittig und in beiden Westwänden je ein schlichtes Sandsteinportal mit feinem Rahmenprofil und abschließendem Profilgesims. Der Innenraum ist mit einer Spiegeldecke versehen, die über den eine Dreischiffigkeit simulierenden Emporen heruntergestuft ist und die durch die nach oben fortgeführten Emporenpfeiler gestützt wird.
Zur Ausstattung gehört ein Altarkreuz mit Korpus wohl des 18. Jahrhunderts und ein kleines Relief am südöstlichen unteren Emporenpfeiler mit zwei eine Krone haltenden Engeln und der Inschrift "Zum Andenken der Kirche", wohl 18. Jahrhundert, sowie die Raumwirkung prägende Emporen, die im Süden, Westen und Norden auf einer Ebene durchlaufen und in die Tragepfeiler der Decke integriert sind. Die Emporen fassen die ebenfalls hölzerne, durch Pilaster mit ionisierenden Kapitellen in fünf Achsen in zwei Geschossen gegliederte Altarwand ein, deren Mittelpunkt die mit einem schlanken Fuß gleichsam aus dem Altartisch wachsende Kanzel bildet. Die Altarwand ist etwas in den Raum vorgezogen, um für eine rückwärtige Sakristei mit Kanzeltreppe Platz zu lassen. Zwei symmetrisch angeordnete Türen in die Sakristei in den unteren Außenachsen, die obere Zone in Fortführung der Emporenbrüstungen in niedrigere untere und höhere obere Felder mit Füllungen gegliedert. Insgesamt sieben Felder um die Kanzel herum sind mit den einen starken farblichen Akzent setzenden Seidenteppichen gefüllt. Auf der Westempore fünfachsiger Orgelprospekt in nachklassizistischen Formen von 1888, darin Orgelwerk 1975 von Wolfgang Böttner aus Frankenberg eingebaut. 1989/90 sieben Seidenteppiche an der Altarwand von Thomas Felsmann, Bad Herrenalb.
Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.