Dom, Fassade des romanischen Westbaus, rechts der gotische Südturm und die Ansätze des südwestlichen Seitenschiffjochs.
Dom, Zunftleuchter im Mittelschiff.
Dom, Kapitellzone des nordwestlichen Vierungspfeilers von Südwest.
Dom, Kapitellzone des mittleren Freipfeilers der Südseite im Langhaus.
Dom, Innenraum nach Nordwest.
Dom, Innenraum nach Südost.
Dom, Wimpergreihung über den Baldachinen südlich des Westportals.
Dom, Zone über dem Südportal des Südturms.
Dom, Westportal.
Dom, Blick aus der Baugasse auf das Turmobergeschoss von Nordwest.
Dom, Joch des gotischen Westbaus mit dem Südturm nach Süden
Dom, obere Geschosse des romanischen Nordturms von Südwest.
Dom, Südportal des Langhauses
Dom, Nordquerarm von Nordwesten
Dom, Langhaus und Westbauten von der Nordseite
Dom, südliche Ansicht mit Turm, Langhaus und Südquerarm.
Luftaufnahme Domplatz
Dom, Blick von Südwest auf den 1336 begonnenen Westbau.
Dom, Blick aus dem südlichen Querhausarm nach Nordwest.
Dom, Südportal des Südturms.
Dom, romanisches Westportal des Westbaus.
Dom, Malereien an der Westwand des Hauptschiffs, rechts Kapitellzone des nordwestlichen Freipfeilers.
Dom, Kreuztragender Christus mit Simon von Kyrene.
Dom, Nordquerarm, Bildnis E.Stiehls im westlichen Baldachin.
Dom, Langhaus und Westbauten von der Nordseite
Südwand des Chorquadrats, Muttergotteskapelle und Ansatz des Südquerarms mit Treppenturm. Dom, Chorschluss von Südost. Dom, Nordquerarm von Nordwesten
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Lahn-Dill-Kreis
Wetzlar
  • Dom
Ehemalige Stiftskirche St. Marien
Flur: 15
Flurstück: 22/1, 24

Gesicherte geschichtliche Nachrichten aus mittelalterlicher Zeit fehlen zum Stift und zur Stiftskirche. Die Weihe einer „novae basilicae" erfolgte angeblich 897; sie dürfte einen älteren Bau, vielleicht eine Eigenkirche, ersetzt haben. Die Gründung des Stifts wurde vermutlich durch die Konradiner veranlasst oder sogar durchgeführt. Da die Stadt seit 1231 an der Pfarrerwahl und damit auch der Baufinanzierung beteiligt war, könnte der Chorbau mit den beiden Hauptjochen in dieser Zeit oder schon in den zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts begonnen worden sein, den Planwechsel zum Bau eines Polygons datiert Sebald auf 1237/38. Im Jahr 1240 wird ein „claustrum" genannt, vermutlich das Domkloster. 1249/50 erfolgten Opfergaben zu Bau und Schmuck der Kirche, 1262 eine Stiftung zur Beleuchtung des Chores. Altarstiftungen 1277/78 beziehen sich auf den südlichen Langhausbereich und die Dotation der Nikolauskapelle. Etwa zwischen 1274 und 1292 wird man eine Unterbrechung der Bauarbeiten annehmen müssen, 1301 bestand jedoch schon die Johanneskapelle. Altarstiftungen zwischen 1304 und 1308 sowie 1315 und 1329 dürften mit in Art und Umfang nicht näher bekannten Baufortgängen zusammenhängen. 1307 erfolgte eine Versammlung „in novo claustro", vermutlich also im neu erbauten Domkloster. 1334 war der Dachreiter fertig. Der Baubeginn des gotischen Westbaus erfolgte 1336, eine weitere Bauunterbrechung ist etwa zwischen 1360 und 1385 anzunehmen. In zwei Türgewänden im Turm nahe der Uhr befindet sich die Jahreszahl 1486. 1490 war der erste Turmhelm des Südturms fertig gestellt. Versuche, Mittel für den Weiterbau zu beschaffen, scheiterten; die Einstellung der Bauarbeiten erfolgte noch vor 1500. Nach einem Brand 1561 wurde der heutige Helm des Südturms durch Johann Gredel aufgesetzt, an der Galerie befindet sich die Jahreszahl 1590. 19. und 20. Jahrhundert sind gekennzeichnet durch die Bemühungen um den Erhalt des Baukörpers sowie um die Wirkung des Innenraumes. 1837 wurden die 21 Nebenaltäre sowie das Sakramentshaus aus der Kirche entfernt. 1849/50 erfolgte die Erneuerung der Gewölbe, zwischen 1870 und 1873 wurden am Chorquadrat und an der südlichen Querarmfront Steinflächen ausgewechselt, die Westseite erhielt eine Werksteinverkleidung. Nach zunehmendem Verfall wurde 1903 der Westbau gesperrt und auf Initiative des 1901 gegründeten Dombauvereins 1903 bis 1910 durch Ernst Stiehl die gesamte Kirche restauriert; die Arbeiten begannen am Heidenturm. 8./9. März 1945 wurde der Chor zerstört und dabei Lettner und Hochaltar vollständig vernichtet. Der Wiederaufbau erfolgte 1946 bis 1955. 1971 begann die Sanierung der zu Jahrhundertbeginn noch intakten Steinbereiche, besonders im Westen. Es schloss sich die Sanierung des Innenraums 1981 bis 1989 an, seit 2001 erfolgen Erhaltungsmaßnahmen an der Nordseite und am Heidenturm. Die Stiftskirche liegt hoch über der Lahn am Nordrand des ursprünglich exemten Stiftsbezirks, dem heutigen Domplatz und dem Gelände nördlich des Doms. Der Bereich fällt nach Norden, Nordwesten, Westen und Südwesten zum Teil stark ab, doch steht das Gebäude auf einem wohl weitgehend künstlich geschaffenen Plateau. Vorgängerbauten: Die Grabungen und Bodenbeobachtungen von Ernst Stiehl 1906 bis 1911, Willi Görich und Hans Feldtkeller 1952/53 sowie Erwin Rohrbach 1982 wiesen auf Vorgängerbauten und ältere Bebauung hin, von denen keine Reste erhalten sind: I. Ein Spitzgraben, ein Mauerstumpf sowie Putzreste dokumentieren eine nicht näher bekannte Bebauung um 800. II. Ein Saalbau oder - wahrscheinlicher - eine dreischiffige Basilika mit annähernd quadratischen, mit Apsiden versehenen Querarmen sowie einer außen mit Lisenen gegliederten Hauptapsis ohne Vorjoch lassen sich mit dem Datum 897 hypothetisch in Verbindung bringen. IIa. Eine neue Apsis östlich der älteren war vermutlich gewölbt; wahrscheinlich entstand gleichzeitig ein neues Querhaus. Die Datierung ist offen; hypothetisch erfolgten die Arbeiten um 1000. Der romanische Westbau und die zugehörigen Grabungsergebnisse: Im gotischen Westbau stehen die Reste der Doppelturmfassade von Bau III, die in die Zeit zwischen 1170 und 1190 datiert werden. Der sechsgeschossige Nordturm (sogenannter Heidenturm), dessen Geschosse (außer dem obersten) mit einer Arkatur unter einem Kordongesims abgeschlossen werden, wird in den unteren beiden Geschossen durch Eck- und Mittellisenen aus Haustein gegliedert; die drei oberen Geschosse weisen Biforienfenstern auf (1903/10 geöffnet). Das oberste Geschoss geht über Stufungen und Giebelchen in einen kurzen Achteckschaft mit niedrigem verschiefertem Geschoss und Haube (beides von 1903/10) über. Der nördliche Treppenturm wurde rekonstruiert. Vom Südturm ist das Erdgeschoss sowie das darüber liegende Geschoss in Teilrekonstruktion erhalten. Der zugehörige Treppenturm wurde erhöht und mit einem Dach geschlossen. Auch der Verbindungsbau zwischen den Türmen ist teilerhalten. Das abgestufte Rundbogenportal mit glattem Außen- und gezahntem Innenbogen auf Polsterkapitellen zeigt eine auf einer Säule (stilisierte Adler, Kämpferplatte mit mehrzonigem Klötzchenfries) ruhende Innenteilung. Das Ornament des Tympanons ähnelt stilisierten Widderhörnern, die Bedeutung ist jedoch letzthin ungeklärt. Das fortgeführte Horizontalgesims der Turmuntergeschosse bildet über dem Portal ein fast quadratisches Wandfeld aus (ursprünglich mit Schrifttafel ?), direkt darüber befindet sich ein kleines Fenster. Als Abschluss wurde 1903/10 der Blendfries des Nordturms rekonstruktiv fortgeführt. Im Inneren sind die Turmräume mit Kreuzgratgewölben versehen. Das halbe Gewölbe des Mittelraumes lässt die Deutung zu, dass es - nach Osten ergänzt - eine Art Gelenkstück zwischen Kirche und Westbau bildete, mithin die Türme nach Osten frei standen (heute Westwände der Seitenschiffe); die heutige Ostabschlusswand entstand später. Das obere Geschoss des Mittelbaus, die ehemalige Empore mit Margarethenaltar, wird von Anräumen in den Türmen auf gleicher Ebene flankiert (der südliche 1903/10 dadurch geschaffen, dass ein Mauerstreifen ergänzt wurde). Die zugehörige Kirche ist teilweise ergraben: Ein neuer Kastenchor mit flacher Ostwand östlich der Apsis IIa war vermutlich gewölbt; er war von Nebenapsiden (in Türmen ?) flankiert. Die Fundamente des Querhauses II wurden beibehalten; möglicherweise erfolgte eine Wölbung. Ein neues Langhaus mit acht Pfeilern auf jeder Seite - sie waren gegen ihre Vorgänger jeweils um die eigene Stärke nach Westen verschoben - war wahrscheinlich flach gedeckt, aber die mit verstärkten Außenmauern versehenen Seitenschiffe waren vielleicht bereits gewölbt. Der gotische Bau: Die Kirche besteht aus einem dreischiffigen Hallenlanghaus mit drei ausgeführten Jochen, dem im Süden die Johanneskapelle und im Norden die evangelische Sakristei angeschlossen sind. Zwei weitere, nur in den Umfassungswänden ausgeführte Joche schließen sich nach Westen an; vom als Westbau geplanten Westjoch wurde nur der Südturm vollendet. In den Winkeln zwischen dem ausladenden Querhaus und dem leicht eingezogenen Chor aus Chorquadrat und Apsis sind runde Treppentürme eingestellt. Der Chor wird südlich durch die Muttergottes- und die Nikolauskapelle begleitet, nördlich schließen sich die Stephanuskapelle und die katholische Sakristei an. Die Raumfassung wurde 1981/89 nach einem Befund von mehreren Befunden rekonstruiert, im Langhaus wurde darauf verzichtet. Der Raum wird heute entscheidend durch die Farbigkeit der Architekturplastik und die Vergoldung der Kapitelle bestimmt. 1. Chor. Einem leicht unregelmäßig quadratischen, mit zwei ungleich tiefen, queroblongen Jochen gewölbten Chorjoch ist das etwas eingezogene, aus Querjoch und Dreiseitschluß (3/6-Polygon) bestehende Chorhaupt über einen breiten Gurtbogen angefügt. Tiefe Strebepfeiler markieren am Außenbau den Ansatz der Gewölbe im Innenraum. Die Unterschiedlichkeit beider Chorteile fällt schon am Außenbau auf: Liegen am Chorquadrat (1870/73 Steinflächen mit rotem Sandstein erneuert) die in eine Dreibogengruppe eingestellten Fenster der Doppelschalenwand (die westlichen wegen der im Winkel zum Querhaus eingestellten Treppentürme unvollständig) mit flächigem Maßwerk und Außenlaufgang tief in der Innenschale zurück, so sind die Wandsegmente des Chorhaupts mit zweibahnigem Rundstabmaßwerk und Couronnements vom Typ der Elisabethkirche Marburg geziert. Liegt der Laufgang am Chorquadrat am Ansatz der Pultdächer für die Annexbauten, so wird er am Polygon tiefer, nämlich zwischen abgesetztem Sockelgeschoss und Fenstersohlbankhöhe geführt. Steile Giebel mit offenen Dreierarkaturen schließen die Wandsegmente des Polygons ab. Mit der Restaurierung seit 1903 wurden die Strebepfeiler neu aufgebaut und der Treppenturm der Nordseite um zwei Geschosse erhöht; neue Speier übernahmen die Wasserableitung. Die völlig vergangenen Fensterkapitelle wurden als Kopien der Innenkapitelle erneuert. An den Chorquadrat-Innenwänden wird ein weiterer Laufgang in der Zone unter dem Außengang geführt; eine hohe, das Fenster im oberen Bereich einschließende und von rechteckigen „Arkaden" flankierte Mittelbahn bildet ein Triforium aus. Die reich vegetabil und figürlich geschmückten Kapitelle liegen im Chorquadrat in einer Höhe; der Gurtbogen zwischen den Jochen ruht auf Wanddiensten, die unterhalb des Triforiums auf ebenfalls figürlichen Konsolen abgefangen sind. Auch die Fensterpfosten sind nach unten auf die Wandfläche fortgeführt und enden auf Konsolen. Die Wandkapitelle des Chorhaupts (mit dem Wiederaufbau nicht ausgearbeitet) liegen etwa auf dem Höhenniveau der des Chorquadrats, die Fensterkapitelle aber erheblich höher. Die Chorgewölbe wurden 1903 unter Verwendung alten Steinmaterials neu aufgemauert. Nach der Vernichtung des Chorschlusses baute man seit 1946 zwei der mächtigen Bögen an der Vierung und im Chorquadrat ab und wieder auf, rekonstruierte den Chorschluss, wölbte Vorjoch und Polygon und ergänzte am Triforium im Chorquadrat Säulen und Blenden in Sandstein; der ganze Dachstuhl über dem Chor wurde erneuert. 2. Querhaus. An die quadratische Vierung schließen sich die zweijochigen Querarme an; die Teilungsgurte verlaufen in der Verlängerung der Seitenschiff-Außenmauern. Die Außenjoche sind unterschiedlich konstruiert: Im Norden ist dem vierteiligen Gewölbe eine weitere Rippe auf die Mitte der Nordwand hinzugefügt, außen liegen Strebepfeiler an. Im Süden setzen drei Rippen am Teilungsbogen an, die sowohl in die Raumecken wie auch auf die Wandmitte geführt sind (Gewölbe im Südquerarm 1849/50 erneuert); Strebepfeiler fehlen hier. Die Wölbungen bedingen zwei nebeneinander liegende Maßwerkfenster in den Stirnseiten: Im Süden tragen die drei Fensterbahnen jeweils gestapelte Kreise mit zurückliegend eingeschriebenen Dreipässen, im Norden laufen zwei Doppelbahnen in Vierpässen aus, die einen größeren Vierpass tragen. Am Außenbau fallen die mehrzonigen Ecktürmchen auf (Dächer 1903 abweichend von den ursprünglichen erneuert), zwischen die eine doppelschalige Dreierarkatur eingespannt ist. Die Bauausführung erfolgte Nach Sebald wohl zwischen 1241/42 und 1250. 1870/73 wurden auch an der südlichen Querarmfront Steinflächen mit rotem Sandstein erneuert. Die umfassenden Restaurierungen 1903 bezogen sich auf Ausbesserungen des Mauerwerks sowie Erneuerungen der Fensterkapitelle am Südarm. Der nördliche Querarm aus der Zeit um 1300 ist reicher gestaltet: Die vierbahnigen, in der Nordwand durch einen Strebepfeiler geteilten Fenster sind von steilen Wimpergen überdacht, die eine Galerie durchstoßen und zum Teil Dreistrahle als Innenteilung zeigen. Riesen auf den Strebepfeilern und Kreuzblumen setzen markante Akzente. Der nördliche Querarm wurde 1903 bis auf die Höhe des Umgangs abgetragen und neu aufgemauert, dabei wurden Wimperge, Riesen und Fialen ergänzt. Damals entstanden auch die beiden Baldachine in den Winkeln der Eckstrebepfeiler; die Konsolfigur des westlichen Baldachins zeigt vermutlich ein Porträt Ernst Stiehls. Das vorgewölbte Bruchsteinmauerwerk der Ostwand des Nordquerarms lässt darauf schließen, dass nach Abbruch der Ostteile der Bau eines Hallenumgangschors vorbereitet wurde (am Südquerarm durch Treppenturm und Teilfenster kaschiert). Der Dachreiter über der Vierung markiert eine weitgehende Fertigstellung der Arbeiten bis 1304. - Im gegen den Chor etwa 4 m höheren Innenraum dominieren die kräftigen Vierungspfeiler (rund mit acht Diensten) den Raumeindruck; sie wurden für den geplanten Weiterbau auch am Triumphbogen teilausgebildet. Die Dreiviertelpfeiler für die Teilungsgurte sind dagegen leichter aufgeführt. Die Kapitelle sind überwiegend vegetabil und nach Art der der Marburger Elisabethkirche zu einem Kapitellring zusammengefasst. Der Sockelzone, über die der Laufgang geführt ist, ist wandsegmentweise eine Doppelarkatur vorgeblendet; über jedem Bogenscheitel setzt ein ausgespartes Quadrat einen charakteristischen Akzent. 3. Langhaus: Die Seitenschiffe des dreischiffigen Hallenlanghauses sind nur wenig breiter als das halbe Mittelschiff, im heutigen Zustand ist das Langhaus breiter als lang. Vom Westjoch ausgeführt ist neben den Umfassungswänden auch das westliche Freipfeilerpaar, das unmittelbar vor der Ostwand des romanischen Westbaus steht; die unregelmäßigen Seitenschiff-Westwände waren nur als Provisorien gedacht. Die Südseite des Außenbaus (wohl zwischen 1255 und 1270) wird durch die schmalen, zweizonigen Wandsegmente gegliedert. Strebepfeiler mit großen Rücksprüngen und Verdachungen in der Art von Riesen trennen die Segmente voneinander; Dreistaffelbögen lockern die Giebel der Jochsegmente auf (fehlen über dem nicht ausgeführten Westjoch). Über der schlichten Sockelzone mit Profil, in deren Mitteljoch des ausgeführten Teils das Hauptportal der Kirche sitzt und über der der Außenlaufgang liegt, setzen die zweibahnigen Fenster mit rundem Couronnements (über dem Portal mit Fünfpass) an. Das wohl kurz vor 1260 erbaute Portal ist der Wand etwas vorgebaut. Zwei kleine Kleeblattbögen werden von einem profilierten Rundbogen überfangen, der wiederum von einem steilen Giebel überdacht ist. Der Rundbogen ruht auf leicht vorkragenden, tabernakelähnlichen Figurennischen mit Baldachinen, die Figuren (Maria Magdalena, Katharina, Jakobus d.Ä. und Petrus) sind teils Kopien der Originale im Innenraum. Auf den horizontalen Verdachungen darüber stehen Kain und Abel, im Tympanon befindet sich eine Muttergottes, im Giebelfeld darüber eine Figur des thronenden Christus mit zwei Engeln als „Baldachin". Die umfassenden Restaurierungen seit 1903 bezogen sich auf Ausbesserungen des Mauerwerks sowie Erneuerungen der Fensterkapitelle auf der Südseite; das Westjoch erhielt Maßwerkbahnen. Die Nordseite ist mit vierbahnigen Fenstern mit genasten Vierpässen wohl zwischen 1292 und 1307 entstanden, die Giebel blieben jedoch unverziert. In der älteren Sockelzone zeichnen sich die Spuren des früheren Kreuzgangs ab; neben dem Ansatz der Sakristei befindet sich zudem ein Portal. Der lichte Innenraum wird durch die Rundpfeilerpaare mit vorgelegten alten Diensten rhythmisiert, auf der Nordseite treten schmale junge Dienste hinzu. Im Formsystem der Gewölbe sind Transversal- und Diagonalrippen unterschiedlich gewichtet. 1903 wurden die Gewölbe des Hauptschiffes unter Verwendung alten Steinmaterials neu gemauert. Die vegetabilen Kapitellbänder zeugen durch ihre Unterschiedlichkeit vom mittelalterlichen Bauablauf; besonders an der Nordreihe der Pfeiler sind die Kapitellplatten nur mehr schmal ausgebildet. 4. Gotischer Westbau. Nur der Südturm wurde vollendet, Nordturm und Zwischenbau enden unterhalb der Kapitellhöhe, die der des Langhauses entspricht. Den massig wirkenden Turmschaft, der nur in drei hohe Geschosse (Portalzone, Fensterzone und Glockenstube) eingeteilt ist, umschließen rechtwinklig gestellte Strebepfeiler, die sich mit Blendmaßwerk und Fialen geschmückt in Stufen nach oben verjüngen; eine umlaufende Galerie schließt das Mauerwerk ab. Auf der Westseite ist nach Süden ein kleiner Treppenturm eingestellt. Die dreifach gestufte, verschieferte Haube bildet einen zur übrigen Bausubstanz kontrastierenden Abschluss. Die aufgeführte Sockelzone für den Nordturm bereitete das spiegelbildliche Pendant zum Südturm vor. Das Westportal dazwischen (Treppenanlage nicht ausgeführt) zeigt ein gotisches Gewändeportal mit Trumeau (mit Madonna) und zweizonigem Tympanon (oben: Marienkrönung; unten und durch Baldachin geteilt: Anbetung der Könige) sowie doppelte Figurenarchivolten mit Baldachinen (kluge und törichte Jungfrauen), deren unterste vier Figuren überdachen sollten und die an den Strebepfeilern Fortsetzungen finden (insgesamt waren mindestens 41 Figuren in der untersten Zone geplant, davon wurden sieben ausgeführt). Die Arbeiten wurden um 1360 eingestellt. Das Südportal des Turms ist dem Pendant entsprechend ausgeführt, hier sind vier Figuren in den Seitengewänden eingestellt. Die untere Zone des Tympanons zeigt eine Reihung von zwölf Figurennischen (die Apostel darin fehlen), darüber thront Christus mit Johannes dem Täufer, Maria sowie Engeln. Die Arbeiten an der Südseite, die mit dem Meister Tyle von Frankenberg in Verbindung gebracht werden, wurden nach Sebald wohl erst nach 1380 wieder aufgenommen. In der Zone darüber befindet sich ein Blendbogen mit doppelten Baldachinarchivolten und in gestapelten Maßwerknasen aufgelöstem „Tympanon". Darunter sind vier (von ursprünglich fünf) Baldachinfiguren aus der Zeit nach 1402 erhalten: Christus, flankiert von Johannes dem Evangelisten und Maria sowie ein Engel (von vermutlich ursprünglich zwei). Zahlreiche Bereiche erfuhren Überarbeitungen: 1870/73 erfolgten Werksteinverkleidungen an der Westseite, 1903 wurden der Westfassade erneut Quader vorgeblendet, skulptierte Teile (Blattmasken in den Wimpergen, Köpfe in Fenstern und am südlichen Turm) und Gewände, der Sturz des Westportals sowie Teile des Südportals wurden ausgewechselt. Am Süd- bzw. Hauptturm erfolgte die Erneuerung von Balustraden, Fialen und Wasserspeier, Fenstermaßwerke wurden ergänzt. Nach den Planungen des 14. Jahrhunderts sollte das Innere des Westbaus als westliches Hallenjoch dem Langhaus angeschlossen werden. Der Südturm ruht auf einem mächtigen Bündelpfeiler, der unmittelbar vor der romanischen Westfassade steht; sein Pendant wurde nicht mehr ausgeführt. Mit den Ansätzen der Wandpfeiler und Fenster bildet der Westbau im übrigen ein Schulbeispiel für mittelalterliche Bautechnik. Die 1903 geplante „Fertigstellung" des Westbaus gelangte nicht zur Ausführung. 5. Kapellen und Anbauten. Die Muttergotteskapelle öffnet sich im Westjoch zum südlichen Querarm, im Ostjoch zur östlich angrenzenden Nikolauskapelle, mit der sie heute eine Einheit bildet. In der Nordwand führt ein Stufenportal (bis zum Bau der Kapelle Außenportal der Stiftsherren) zum Chor, in der Südwand befinden sich eine Tür und ein Fenster. Die Nikolauskapelle liegt als kreuzrippengewölbter Querraum auf der Höhe des Gelenkjoches im Chor; unter dem heute dreiteiligen Ostfenster steht ein Altar. Seit 1946 erfolgten Ergänzungen auch an den beiden Kapellen. Die Stephanuskapelle (urspr. Petruskapelle?) weicht im Grundriss nur geringfügig von der Muttergotteskapelle ab; die Öffnung zum Querhaus ist heute geschlossen. Die katholische Sakristei ist ein Querraum aus zwei Kreuzgratgewölben; hier waren nach 1946 Ergänzungen notwendig. Die Johanneskapelle ist zwischen Südquerarm und Südportal als niedriger Einjochraum mit Kreuzrippengewölbe eingespannt; Maßwerkfenster weisen nach Süden und Westen. Die als Pendant zur Johanneskapelle unter dem Fußbodenniveau des Langhauses liegende evangelische Sakristei ist im Grundriss längsrechteckig und ohne Wölbung. Ausmalungen: Von der mittelalterlichen Ausmalung sind nur Reste erhalten, die überwiegend aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammen: Über der Orgel befinden sich drei vermutlich nicht zusammen gehörende Malschichten (Posaunenengel einer Weltgerichtsdarstellung, Maria einer Verkündigung sowie Standfiguren, teils unter Rundbogenfriesen des romanischen Westbaus), darunter befindet sich das Oberteil einer Christophorusdarstellung. Im nördlichen Querschiff bilden stehende Heilige mit (plastischem) Kreuz ein Altarbild. Im südlichen Querarm befinden sich kleinere Wandbilder: Die Anbetung der hl. Drei Könige, die Legende des hl. Alexius sowie ein Marientod (alle aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts) und eine Beweinung am Kreuz (aus der Zeit um 1500). Inventar: Der am oberen Rand im Durchmesser etwa vier Meter große Taufstein aus Lungstein stammt aus dem 12. Jahrhundert; ihn ziert ein Bogenfries. Der berühmte, vermutlich zwischen 1350 und 1385 entstandene Lettner unter dem Triumphbogen wurde 1945 zerstört; Reste mit reichem figürlichem Schmuck befinden sich im Städtischen Museum. Die Triumphkreuzgruppe aus dem 15. Jahrhundert gilt als Vorgänger der heutigen an der Michaelskapelle von 1509 (das Kreuz wurde um 1980 erneuert). Die Turmuhr fertigte Hans Kucheler aus Frankfurt 1485. Die Kanzel mit Intarsien entstand um 1700; die Felder des Kanzelkorbs zeigen Bilder Johannes des Täufers und der vier Evangelisten, auf dem Schalldeckel steht eine Figur des Erlösers. Die Orgel ist eine Stiftung der Familie Leitz aus dem Jahre 1955. Die Glocke im Dachreiter ist auf das Jahr 1304 datiert. Zwei Steinfiguren im Nordquerarm stammen aus der Zeit um 1250/60 und zeigen, dass die Bildhauerwerkstatt mit der Paderborner Paradiesplastik und der Bamberger Werkstatt vertraut war. Die Pietà in der Johanneskapelle entstand um 1370/80, mit 184 cm Höhe ist sie eine der größten ihrer Art (Lindenholz mit originaler Fassung). Die Mantelborte Mariens zieren Medaillons aus gepresstem Stuck. Der kreuztragende Christus an der Ostwand des nördlichen Querarms aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts entstand im süddeutschen Kunstkreis. 1996 wurde die kleine Figur des Simon von Kyrene nachgeschnitzt (Original in Städtischer Sammlung Wetzlar). Um 1480/90 wurde die Mondsichelmadonna im Chor in der Gegend des Mittelrheins oder in Süddeutschland geschaffen (Krone 1949 ersetzt). Der Zunftleuchter im Mittelschiff mit gebogenen Eisenarmen und Holzfiguren stammt aus der Zeit um 1520: In der Mitte steht Maria, auf den Armen sieben Engel, die Spruchbänder und ursprünglich auch Wappenschilde der Zünfte tragen. Teile des Kirchenschatzes befinden sich im Stadtmuseum. Die 52 Grabsteine und Epitaphien in der Kirche intstanden im langen Zeitraum zwischen 1300 und dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Hervorzuheben sind: An der Nordwand im Chor die Standfigur des Anselm Hun mit Schwert, 1300. Eine Standfigur unter einem Baldachin an der Südwand des Chores, 1393. Das Epitaph des Johann von der Kraen aus dem selben Jahr; an der Ostwand des Südquerarms das Grabdenkmal des Heydenreich von Dernbach aus dem 15. Jahrhundert. An der Westwand im Nordseitenschiff das Grabdenkmal für Johannes Clotz, 1588. An der Südwand des Querhauses das Grabmal des Johann Konrad Herstein, 1652, an der Nordwand im Querhaus das des Johann Theis, 1681; und an der Südwand im Südseitenschiff das Grabmal für Johann Christoph von Schmitz, 1747.


Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Weitere Symbole für Kulturdenkmäler nach § 2 Abs. 1 HDSchG:
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