Europaturm und Bundesbankgebäude von Südosten gesehen (Foto: Ralf Dorn)
Basisgebäude von Westen
Eingangsbauwerk auf dem Basisgebäude (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Antennen-Hebezeug auf der Kanzelplattform (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Kanzelbau (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Wandgestaltung im Foyer des Basisgebäudes (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Emailschild (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
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Frankfurt, Stadt
Frankfurt
Bockenheim
  • Ginnheimer Stadtweg 88
  • Ginnheimer Stadtweg 90
Fernmeldeturm (Europaturm)
Flur: 23
Flurstück: 114/13, 114/20, 123, 124/1, 125/1

Fernmeldeturm mit Basisgebäude nach dem Entwurf von Johannes Möhrle und Peter Metzger, errichtet von 1974 bis 1979 im Auftrag der Deutschen Post.

Entstehungsgeschichte und Lage

Bereits 1968 zeichnete sich ab, dass das Frankfurter Fernmeldehochhaus in absehbarer Zeit seine Funktion als Funkübertragungsstelle bald nicht mehr würde erfüllen können, da alle Plattformen belegt waren, die immer höher aufwachsenden Hochhäuser den Funkverkehr behinderten und keine neuen Richtfunktrassen mehr angelegt werden konnten. Daher war Frankfurt als einer von 12 Standorten für einen Fernmelde-Sonderturm vorgesehen. Die Suche nach einem Standort musste sowohl der Sicherheit des Flugverkehrs genügen als auch verkehrstechnisch günstig gelegen sein. Im Norden Bockenheims, am Ginnheimer Stadtweg fand man ein Gelände, das durch die benachbarte Bundesbank eine exponierte städtebauliche Lage auf Höhe der A 66 aufwies. Mit dem Entwurf wurden der bei der Oberpostdirektion tätige Architekt Johannes Möhrle (1931-2017) und Peter Metzger beauftragt. Sie wurden beraten durch den Architekten des Stuttgarter Fernmeldeturms Erwin Heinle. Als Statiker wurde der Bauingenieur Fritz Leonhardt zusammen mit Wolfhart Andrä tätig. Baubeginn war 1974, fertiggestellt wurde der Turm 1979. Für den Fernmeldeverkehr war er Hauptknotenpunkt mit der einzigen interkontinentalen Vermittlungsstelle und zugleich zentraler Fernsehsternschaltpunkt. Restaurant und Besucherplattform wurden 1999 geschlossen, da deren Betrieb unwirtschaftlich war und die Besucherplattform wegen aktueller Brandschutzauflagen geschlossen werden musste. Er befindet sich heute im Eigentum der Deutschen Funkturm, eine Tochter der Deutschen Telekom und ist als 5-Sterne-Standort für die Telekommunikation ausgebaut (DAB+ und 5G-Standort). Durch die Renaissance der Richtfunktechnik erfüllt der Turm bis heute seine Funktion als Richtfunksammler.

Ursprünglicher Bestand und Analyse

Der Europaturm besteht aus einem Basisgebäude, dem Turmschaft mit Kanzel und sieben Sendeplattformen. Die ersten 295 m des 331 m hohen Turms wurden in Stahlbeton ausgeführt und gründen auf einem Ringfundament. Die Fundamentierung des Turms machte eine aufwändige Pfahlgründung notwendig, über der das Ringfundament gegossen wurde. Darüber sitzt ein dreigeschossiges Basisgebäude von 45 m Breite und 100 m Länge, das auf Streifenfundamenten um den Turm herum errichtet wurde und eine zusätzliche Auflast bildet.

Das Basisgebäude passt sich mit seinen geböschten Außenwänden der Topographie des Geländes an. Rhythmisiert wird die Gebäudestruktur durch schräg gestellte Strebemauern und Zwischenstreben auf Höhe der Fensterbänder. An den Langseiten liegen bzw. lagen die Eingänge in das Gebäude. An der Ostseite befand sich der Besuchereingang, der über eine breite Freitreppe und Brückenkonstruktion aus Stahlbeton auf das Basisgebäude führte, wo sich noch heute das Eingangsbauwerk befindet. Es wurde als Stahlkonstruktion errichtet und mit Glas und Aluminiumelementen verkleidet. Die Materialien entsprachen denjenigen der Kanzel, die Formgebung ist dynamisch modern. „Über Rampen und Treppen gelangt man über ein futuristisch anmutendes Eingangsgebäude zu den Aufzügen im Turmschacht. Sensiblen Betrachtern erschließt sich die Abfolge der Räume, vor allem aber die Gestaltung der Bauteile, als gedanklicher Brückenschlag in die Informationstechnik und -verarbeitung des nächsten Jahrtausends.“ (Möhrle 1989, Postbauten, S. 230). Auf der Westseite liegt der Personaleingang, ebenfalls als Treppen- und Brückenkonstruktion gestaltet, allerdings weniger prominent inszeniert wie der östliche Eingang. Dreieckige Betonelemente, gegenläufig zur geböschten Wand versetzt, nehmen Betontröge auf, die ursprünglich als Pflanztröge dienten und heute ohne Funktion sind. Gemeinsam mit den Pflanztrögen oberhalb der Netzersatzanlage, die eine kubische Form aufweisen, bilden sie die Motive des Basisgebäudes. Im Innern haben sich künstlerisch gestaltete Wandverkleidungen aus Stahlblech erhalten, auch Raumschilder und Infotafeln aus Email stammen aus der Bauzeit.

Der Turmschaft nimmt zwei Restaurantaufzüge, einen Postaufzug, das Fluchttreppenhaus sowie Kabel- und Installationsschächte auf. Er weist am Fuß einen Durchmesser von 20 m und unterhalb der Kanzel von 11 m auf. Für die Konstruktion des Turms mit unterschiedlichen Mauerdicken wurde eine Kletterschalung benutzt und der Beton mittels Spezialpumpen bis in 295 m Höhe gepumpt.

Die 26 m hohe sechsgeschossige Kanzel setzt in 211 m Höhe an. Sie weist einen Außendurchmesser von rund 57 m auf und wurde als Stahlkonstruktion mit 40 radial angeordneten Stahlbindern errichtet und mit Stahlbetondecken zur Aussteifung versehen. Zwei der sechs Geschosse dienten als Aussichts- bzw. als Restaurantgeschoss mit einem Drehring. Dieser führte in einer Stunde einen 360°-Umlauf durch. Vier Geschosse dienten der Fernmeldetechnik. Die untere Fassadenfläche der Kanzel ist um 34° geneigt und mit Glas sowie Aluminiumelementen verkleidet. Oberhalb des Aussichtsgeschosses wird die Kegelform gegenläufig zurückgeführt, wodurch eine einheitliche Brüstungsflucht entsteht und die Großform gegenläufig zusammengesetzter Kegelstümpfe entsteht. Dort stehen die Richtfunkanlagen. Sie konnten durch eine Krananlage auf dem Kanzeldach versetzt werden. Am Aussichtsgeschoss sitzt eine Befahranlage, die am Kanzelfuß ansetzt und bis zum Kanzelrand reicht. Sie dient der Fensterreinigung und der Kontrolle der Kanzelhülle und stellt eine besondere Ingenieurleistung dar, da für die Befahrung die unterschiedlichen Radien der beiden Ansatzpunkte berücksichtigt werden mussten. Oberhalb der Kanzel sitzen sieben Sendeplattformen aus Beton. In 295 m Höhe endet der Betonturm mit einer 1 m dicken Betonplatte. Die restlichen 36 m des Antennenmastes wurden aus einem Stahlgittermast mit einer Ummantelung aus glasfasterverstärktem Kunststoff (2004/05 erneuert) konstruiert.

Die schalungsraue Betonstruktur und Gestaltung des Basisgebäudes lässt sich stilistisch dem Brutalismus zuordnen. Die Strebemauern des geböschten Baues sowie die dreieckig ausklinkenden Betonstützen der Pflanztröge bilden den bauplastischen Schmuck. Das Eingangsbauwerk des Basisgebäudes verweist den Besucher bereits auf die Kanzelkonstruktion in über 200 m Höhe. Der nach Berlin zweithöchste Fernmeldeturm wird im Volksmund nur „Ginnheimer Spargel“ genannt. Der Turm ist sowohl auf eine Fernwirkung als auch eine Nahsicht ausgelegt. Die Kanzel „gibt vor allem bei nahen Betrachtungsorten die ausschlaggebende visuelle Wirkung, während erst aus größerer Entfernung der obere Kanzelbereich sichtbar und für das Profil bestimmend wird“ (Möhrle 1979, Fernsehturm Frankfurt, S. 11).

Veränderungen

Die Digitalisierung der Nachrichtentechnik führte zu einer fast vollständigen Ablösung der Richtfunktechnik durch die digitale Satellitentechnik. Die Deutsche Telekom nutzt den Turm vor allem als digitale Sende- und Empfangsstation sowie als Richtfunksammler. Das ehemalige Restaurant, bzw. die spätere Diskothek gingen bankrott und wurden rückgebaut. Seit 1999 ist der Turm für die Öffentlichkeit gesperrt. In der Folge wurde der Besuchereingang mit Freitreppe und Brückenkonstruktion abgerissen. Ein Verwaltungsbau der Deutschen Telekom (Ginnheimer Weg 88) nimmt heute deren Platz ein. Die als Pflanzkästen genutzten Betontröge sind heute ebenfalls funktionslos.

Begründung

Städtebaulich bildet der Turm mit dem Riegel der benachbarten Bundesbank nördlich der A 66 ein imposantes Eingangsmotiv für Autofahrer, die von Nordwesten in Richtung Zentrum fahren. Turm und Riegel funktionieren aus der Nahsicht als markante Tormotive. Aus der Fernsicht stellt sich der Europaturm zudem als städtebauliche Landmarke dar. Das kurz nach seiner Fertigstellung „Ginnheimer Spargel“ genannte Bauwerk besitzt eine naturwüchsige Gestalt und eine fast organhafte Formgebung, die sie von vergleichbaren Fernmeldetürmen abhebt. Fernmeldetechnisch stellt er bis heute einen wichtigen Knotenpunkt im Netz der Sondertürme im Bundesgebiet dar und bildet den Endpunkt der Höhenentwicklung westdeutscher Fernmeldetürme vor dem Beginn des digitalen Zeitalters. Das bauzeitliche Antennenhebezeug und die Fassadenbefahranlage stellen einzigartige und auf den Fernmeldeturm zurechtgeschnittene technische Ausstattungsstücke dar.

Der Fernmeldeturm ist Kulturdenkmal aus geschichtlichen, städtebaulichen und technischen Gründen.


Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, städtebaulichen und technischen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Weitere Symbole für Kulturdenkmäler nach § 2 Abs. 1 HDSchG:
Wege-, Flur- und Friedhofskreuz, Grabstein
Jüdischer Friedhof
Kleindenkmal, Bildstock
Grenzstein
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