Hanauer Landstraße 360
Hanauer Landstraße 360 (Foto: C. Krienke, LfDH)
Hanauer Landstraße 360 (Foto: C. Krienke, LfDH)
Hanauer Landstraße 360 (Foto: C. Krienke, LfDH)
Hanauer Landstraße 360 (Foto: C. Krienke, LfDH)
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Frankfurt, Stadt
Frankfurt
Fechenheim
  • Hugo-Junkers-Straße 5
  • Hanauer Landstraße 360
Versandhaus Neckermann
Flur: 3
Flurstück: 18/49, 18/50

Sachgesamtheit Neckermann Versandzentrum

Versandzentrale: Planung 1958, Bauzeit 1959-60, Architekturbüro Egon Eiermann und Robert Hilgers; Aufstockung 1967-68, Architekturbüro Robert Hilgers; Erweiterung 1971-72, Bauabteilung Neckermann

Weitere Nebengebäude: Zwischen 1960 und 1975 errichtet durch das Büro Eiermann / Hilgers, durch das Büro Hilgers sowie die Bauabteilung Neckermann

Geschichte

Am 1. April 1950 gründete Josef Neckermann (1912–1992) die Neckermann Versand KG. Die erste große Niederlassung der Firma befand sich in der Nähe des Ostbahnhofs am Danziger Platz. Der Standort wurde bald zu klein für das schnell wachsende Unternehmen. Neckermann ließ an der Hanauer Landstraße in Fechenheim, wo die Firma bereits Lagerhallen besaß, Grundstücke aufkaufen. 1958 beauftragte er den befreundeten Karlsruher Architekten Egon Eiermann (1904–1970), der zusammen mit Robert Hilgers (1912–1977) ein Büro führte, mit dem Neubau eines Versandzentrums. Die Arbeiten begannen am 24. März 1959, der Grundstein wurde am 5. Mai gelegt. Am 16. November wurde Richtfest gefeiert. Im September 1960 wurde das Versandzentrum mit seinen Nebengebäuden dem Bauherrn übergeben.

1960/61 errichtete das Büro Eiermann/Hilgers ein Kaufhaus an der Hanauer Landstraße und begann 1961 mit der Entwicklung eines Fertighaussystems, welches 1962 in den Verkauf ging und kontinuierlich weiter verbessert wurde. 1965 ging daraus die Neckermann Eigenheim GmbH hervor. Im gleichen Jahr lieferten Eiermann und Hilgers verschiedene Varianten für ein Rechenzentrum nördlich der Versandzentrale. Eiermann und Neckermann entfremdeten sich in diesen Jahren und der Architekt verlor das Interesse an Versandwarenhäusern. 1966 gründete Hilgers sein eigenes Architekturbüro und erhielt von Neckermann den Auftrag für ein Lagergebäude an der Adam-Opel-Straße 7-11 (östlicher Bauteil) sowie 1967 für die Aufstockung der Versandzentrale um ein weiteres Verwaltungsgeschoss. Die fünf östlichen Achsen auf Höhe des Rechenzentrums wurden erst 1968 aufgestockt. Ab 1970 plante die Bauabteilung Neckermann sämtliche Erweiterungen und Neubauten des Versandzentrums eigenständig. 1971 erweiterte man die Versandzentrale um zehn Achsen nach Osten und baute an der Hanauer Landstraße ein neues Rechenzentrum. Auch das Lagergebäude an der Adam-Opel-Straße wurde 1971 nach Westen verlängert. Durch die Ölkrise 1973 geriet die Neckermann KG in finanzielle Nöte, die dauerhaft nicht behoben werden konnten. 1976 musste Neckermann die Leitung seines Unternehmens an die Karstadt AG abtreten. Das Unternehmen Neckermann blieb bestehen und ging 2012 in Konkurs. Das Areal befindet sich heute im Besitz eines Immobilienunternehmens.

Die Bauten des Versandzentrums

Zu dem von Eiermann und Hilgers konzipierten Projekt des Neckermann-Versandzentrums gehörten neben der Versandzentrale auch Nebengebäude: ein Kesselhaus, ein Pförtnerhaus, Anschlussbauten an die bestehenden Lagerhallen, eine Fahrradhalle, eine Tankstelle, ein Werkstattgebäude sowie Garagen. Der Neckermann-Komplex wurde nach der Fertigstellung des Versandzentrums und seiner Nebengebäude 1960 kontinuierlich erweitert. Auf dem Areal wurden insbesondere ein Kaufhaus, weitere Lagergebäude, ein Rechenzentrum und ein Verwaltungsgebäude errichtet.

Versandzentrale

Der siebengeschossige, über 300m lange Riegel der Versandzentrale Neckermann mit seinen skulptural inszenierten diagonal laufenden Fluchttreppen und Treppenhäusern mit Betriebsräumen (die sog. „Festpunkte“) erstreckt sich entlang der Hanauer Landstraße. Die unteren vier Geschosse der Versandzentrale nahmen die Versandabteilungen auf, die oberen drei mit ihren Innenhöfen die Verwaltung. Im westlichen Innenhof wurde eine Kantine (Kasino) errichtet, am östlichen befand sich ursprünglich ein Rechenzentrum neuester Technologie (IBM 7070-Rechner). Der westliche Kopfbau wurde an einen bereits existierenden Lagerkomplex angebaut. Eiermann wählte eine Stahlbeton- Skelettkonstruktion, deren Stützen auf Punktfundamente gesetzt wurden. Die Stützen erhielten aussteifende, längs- und querlaufende Unterzüge sowie eine Kreuzbewehrung für die Massivdecken. In einem 6 x 6 m großen Stützenraster wurden 10 x 42 Joche in Ost-West-Richtung angelegt. Durch zwei längs- und sechs querlaufende Dehnungsfugen wurde der Bau in 21 Abschnitte unterteilt. Diese wurden an verschiedene Hochbaufirmen (Hochtief AG, Philipp Holzmann AG, Wayss & Freytag KG und Züblin AG) vergeben und wurden parallel errichtet. Die Versandzentrale wurde so projektiert, dass ihr Kernbau in kürzester Zeit mit fahrbaren Kränen errichtet werden konnte.

Der Rohbau des Kernbaues wurde an den Längsseiten um vier sogenannte „Festpunkte“ (A-D) ergänzt, die über gläserne Verbindungsbrücken angeschlossen wurden. In den Festpunkten wurden Treppenhäuser, Aufzüge, Toiletten, Aufenthalts- und Betriebsräume untergebracht. Weiterhin wurden an der Nord- und Südseite je sechs Lüftungsstationen angehängt. Festpunkt A bildete den Haupteingang und erhielt ein weit auskragendes Flugdach. Sein südliches Gegenstück, Festpunkt B, war für die Verwaltungsmitarbeiter. Ein quer zum Festpunkt liegender Bauteil erhielt Rolltreppen, die direkt in die Verwaltungsgeschosse führten. Festpunkt C war der Eingang für die Versandmitarbeiter, die durch den Keller mit Garderoben gingen und sich anschließend auf die Versandgeschosse verteilten. Ein parallel liegender Bauteil mit Rolltreppe ermöglichte den direkten Zugang zur Kantine im Verwaltungsgeschoss. Festpunkt D bildete eine weitere Zugangsmöglichkeit mit sämtlichen Funktionen wie die übrigen Festpunkte.

Vor das Stützenskelett des Kernbaues wurden die Fassadenelemente versetzt. Deren unteres Drittel bildet die Brüstungszone. Dort wurden geschlossene Brüstungsfelder mit rückwärtigen Heizkörpern eingebaut. Darüber liegt die Fensterzone mit leicht hochrechteckiger Fensterfläche, bestehend aus zwei längsrechteckigen Klappfenstern mit Grifföse im unteren Abschnitt, gefolgt von einer leicht querrechteckigen Fensterscheibe. In den Verwaltungsgeschossen wurden stoffbespannte Markisen als Sonnenschutz angebracht. Die Betriebsabläufe in den Versandgeschossen erforderten durchgehende Räume für den Maschinenpark und konnte nicht in Brandabschnitte unterteilt werden. Eiermann reagierte darauf mit der Anlage äußerer Umgänge und mit an der Fassade entlang führenden Fluchttreppen. Alle 30 m wurden Notausgänge in die Fassade eingebaut, so dass alle Geschosse über die Umgänge entfluchtet werden konnten. Deren Geländer werden alle drei Meter von senkrecht durchlaufenden Stahlstangen akzentuiert. Sie sind regelmäßig mit Wasserablaufstutzen verbunden und dienen gleichzeitig der Entwässerung der Umgänge. Querlaufende Stahlstangen gleicher Größe dienen als Handlauf, quergespannte Stahlseile darunter dienen als Absturzsicherung.

Besonders erwähnt werden muss die Kantine bzw. das Kasino, in dem eine Großküche von 2000 m2 Größe untergebracht war. Der Speisesaal war nach Osten komplett verglast und besaß zudem Sheddächer, die sich ebenfalls nach Osten öffneten. Der Saal wurde gleichzeitig für kulturelle Veranstaltungen der Firma genutzt. Die Küche konnte 4000 Personen am Tag verköstigen und war eine der modernsten Anlagen in Deutschland.

Ursprünglich besaß das Versandzentrum eine differenzierte Farbgebung. Das Grau des Sichtbetons wurde mit den blau gestrichenen Brüstungen der Versandgeschosse kontrastiert. Hingegen wurden die Brüstungen der Verwaltungsgeschosse weiß gehalten, ebenso wie die Fensterahmen und Stahlstangen. Gelb war die Farbe der Sonnensegel und Fallarmmarkisen, die nicht erhalten sind. Rot war der „NECKERMANN“-Schriftzug auf dem Dach, ebenso wie die Sonnensegel der beiden unmittelbar darunter befindlichen Geschosse sowie die Fluchttüren.

Analyse

In einem Brief an Josef Neckermann vom 18. März 1960 schreibt Egon Eiermann mit Blick auf die im Bau befindliche Versandzentrale: „Bauen in unserer Zeit bedeutet, mit Hilfe wissenschaftlich-technischer und ökonomischer Analysen Ordnungen zu setzen und mit diesen neuen Ordnungsgesetzen neue Form zu bilden. [...] So ist, allgemein üblich bei den Planungen unserer Zeit, ein einheitliches Maßsystem Ausgangspunkt gewesen.“ Das gewählte Grundmaß von 6 x 6 m entspricht zum einen den konstruktiv-wirtschaftlichen Möglichkeiten des Stahlbetons, zum anderen der optimalen betriebstechnischen Nutzung des umspannten Raums. Für die zügige Errichtung des Versandgebäudes bedeutete dies, „alles aus dem Maßsystem Herausfallende zu eliminieren“, so Eiermann. Sämtliche Gebäudefunktionen wurden von außen an das Gebäude angeschlossen, so die Festpunkte mit den Lüftungsstationen sowie die Umgänge mit den skulptural inszenierten Fluchttreppen. Sie bilden nicht nur einzelne Funktionalitäten des Versandzentrums außen deutlich sichtbar ab, sondern wirken durch ihre bauplastische Inszenierung gestaltgebend auf den breit gelagerten und ansonsten ungegliederten Baukörper.

Eiermann verfolgte im Bauen ein konsequent additives Prinzip. Es ermöglicht problemlose Erweiterungen durch Anbauten oder Aufstockung innerhalb des gewählten Systems. Diese Vorgehensweise entspricht einem Ordnungsdenken der Moderne, welches zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufkommt, sich im Neuen Bauen der Weimarer Republik festigt und sich vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg in der Nachkriegsmoderne verbreitet. Die Prozesshaftigkeit des Bauens zeigt sich in der Anwendung von Verfahren und Methoden der Vorfabrikation, der Standardisierung und der seriellen Produktion. Dadurch, dass Eiermann bei der Errichtung des Kernbaues der Versandzentrale aus Zeitgründen auf komplexe Bauteile verzichtet und sie erst nach dessen Fertigstellung anfügt, ergibt sich die besondere Gestalt der Versandzentrale. Mit Eiermanns Worten bedeutet dies, dass „Zeit ersparen Gestalt erzeugt“. Der Bauprozess selbst folgt dem rationalen Denken des Architekten und wird gleichzeitig zum gestaltgebenden Faktor. Die baukulturelle Bedeutung derartigen Handelns liefert Eiermann in seinem Brief an Neckermann gleich mit: „So wird sich auf diesem Grund die neue, auf ökonomischen Gesetzen beruhende Architektur zur Kunst erheben“.

Veränderungen

Die erste Veränderung des Versandgebäudes erfolgte 1967/68 durch Hilgers’ Aufstockung der Verwaltung um das sechste Obergeschoss. Das Geschoss setzte sich durch seine Stahlkonstruktion, seine ursprünglich anthrazitfarbenen Fassadenelemente sowie durch die fehlende Auskragung des Daches optisch deutlich vom Altbau ab. Die Verlängerung der Versandzentrale um zehn Joche nach Osten führte bereits die Bauabteilung von Neckermann eigenständig aus und orientierte sich dabei am Altbau. Sie kopierte ihn jedoch nicht, sondern vereinfachte ihn im Bereich der Eckausbildung an den Umgängen und deren Brüstungen. Die Erweiterung bewegt sich auf einem vergleichbaren Qualitätsniveau und führt den Altbau im Sinne des additiven Baugedankens Egon Eiermanns weiter. Es wurden weiterhin Fluchttreppen sowie Lüftungsstationen errichtet. Auch die Erweiterung um ein sechstes Obergeschoss erfolgte kurz darauf. Heute sind alle Stockwerke in einem einheitlichen Weiß- bzw. Betongrau gehalten, die stählernen Brüstungselemente hingegen in leuchtendem Rot. Die heutige Farbkodierung folgt jedoch weiterhin dem Farbkanon der Firma Neckermann. Anfang der 2000er Jahre wurde das Flugdach des ehemaligen Haupteingangs rekonstruiert, ebenso die Wand- und Deckenlampen in den Treppenhäusern der Festpunkte. Nach dem Niedergang der Neckermann AG im Jahr 2012 wurden die Versandgeschosse ihres Maschinenparks beraubt und beinhalten heute fast ausschließlich Lagerfunktionen. Was ihrer ursprünglichen Nutzung entspricht. Die An- und Umbauten der Versandzentrale in Übereinstimmung mit dem Baugedanken Eiermanns sind damit ebenso denkmalwert wie der Kernbau.

Kesselhaus

Das Kesselhaus musste das gesamte Versandzentrum heizen und darüber hinaus Wärmeenergie für Küchen- und Toilettenräume auf dem Gelände bereitstellen. Die zum damaligen Zeitpunkt hochmoderne Kokskesselheizung wurde über einen durch das Gelände führenden Gleisanschluss mit Koks versorgt. Die Beschickung der Kessel mit Koks und der Abtransport der Asche waren vollständig automatisiert und konnte von zwei Beschäftigten gesteuert werden. Der langgestreckte Baukörper nimmt im Erdgeschoss insgesamt vier Brennkessel auf, die von oben über vier trichterförmige Koksbehälter mit Kokskohle versorgt werden. Die Bandbrücken zur Befüllung der Koksbehälter zeigen sich am Außenbau durch einen erhöhten Bauteil. Das Erdgeschoss mit seinen großen Fenstern auf der Nordseite stellt die eingebaute Heiztechnik sichtbar zur Schau. Dagegen ist die südliche Rückseite weitgehend geschlossen gestaltet. Der Wechsel von offenen und geschlossenen Flächen sorgt für eine Belebung der Gebäudekubatur. Die vier markanten Schornsteine auf der Südseite des Kesselhauses wurden nach der Beendigung der Kokskohlenfeuerung abgerissen und durch einen neuen Schornstein ersetzt.

Pförtnerhaus

Das Pförtnerhaus orientiert sich gestalterisch an der Verwaltungszentrale und dient bis heute als Einlasskontrolle und Durchgang. Einjochig in der Breite und fünf Joche in der Länge wurde es als zweigeschossiger Bau im 6 x 6 m-Raster errichtet. Das Haus, welches auch die Pförtnerwohnung in sich aufnahm, wurde wie die Versandzentrale mit Umgängen versehen und mit dem charakteristischen Stangengeländer versehen. Der fußläufige Zugang zur Versandzentrale erfolgte für alle Beschäftigten über einen Durchgang im Erdgeschoss. 1970 wurde das Pförtnerhaus um ein zweites Obergeschoss aufgestockt, da in dem Gebäude auch ein Paketaufbewahrungsraum untergebracht wurde.

Personalkontrolle

Die Personalkontrolle liegt in der Achse des Pförtnerhauses. Das Bauwerk – eigentlich handelt es sich lediglich um eine Art Überdachung mit Durchgangsöffnungen – diente der Mitarbeiterkontrolle und sollte Diebstahl von Versandwaren verhindern. Durch sie verließen die Beschäftigten der Firma das Betriebsgelände und wurden stichprobenartig kontrolliert. Die Anlage ist bauzeitlich erhalten, ist aber heute außer Funktion.

Übergabestation

Die Übergabestation an der Hanauer Landstraße wurde durch Eiermann und Hilgers geplant und 1959/60 errichtet. Sie diente der Elektrizitätsversorgung des Neckermann-Geländes. In ihm wurden entsprechende Transformatoren aufgestellt. Der eingeschossige, nur 60 m2 große Baukörper liegt westlich des Rechenzentrums. Er erhielt ein leicht auskragendes Flachdach und überdeckt einen schmalen Umgang. Dieser ist, ganz wie die Versandzentrale, von Stahlstangen für das Geländer und die Entwässerung des Daches umgeben. Er fügte sich so harmonisch in das Erscheinungsbild der übrigen Baukörper auf dem Gelände ein. Heute liegt die Übergabestation durch das benachbarte Rechenzentrum sowie durch einen direkt östlich anschließenden Anbau eher versteckt auf dem Neckermann-Gelände.

Begründung

Die Baustelle des Neckermann-Versandzentrums galt damals als die größte Baustelle in Europa. Ihre generalstabsmäßige Organisation und äußerste Bauökonomie sorgten zudem für eine extrem kurze Bauzeit. Ihr Erscheinungsbild ist einzigartig für eine Großstruktur dieser Art. Es existiert deutschlandweit nur ein weiteres Versandzentrum vergleichbarer Größe und architektonischer Qualität. Dabei handelt es sich um das Quelle-Versandzentrum in Fürth, dessen Komplex von dem Darmstädter Architekten Ernst Neufert zwischen 1954 und 1966 geplant und sukzessive errichtet wurde. Die Neckermann-Versandzentrale erregte nicht nur national Aufmerksamkeit. Für das Gebäude wurde Eiermann 1963 von der internationalen Jury des „Architectural Forum“ in New York ausgezeichnet. Zwei Jahre später ehrte ihn auch der hessische Finanzminister.

Die Anforderung, ungeteilte Räume für die Versandabteilungen zu schaffen, führte in der Konsequenz zur Verlegung sämtlicher Gebäudefunktionen nach außen. Damit bilden die Umgänge der Fassade sowie die skulptural inszenierten Fluchttreppen, die Festpunkte und Lüftungsanlagen die gestalterische Kernaussage dieses Versandzentrums. Ein vergleichbares entwerferisches Handeln findet sich erst eine Dekade später am Pariser Ausstellungsgebäude Centre Pompidou (1971-77). Dort schufen die Architekten Renzo Piano und Richard Rogers für die Realisierung stützenloser Ausstellungshallen auf allen Geschossen eine vergleichbare Lösung, indem sie sämtliche Funktionalitäten des Gebäudes nach außen zogen und an der Fassade anbrachten (Rolltreppen, Lüftungsrohre, Versorgungsleitungen etc.). Dieser Lösung geht der Entwurf Egon Eiermanns um gut zehn Jahre voraus und dokumentiert damit die Fortschrittlichkeit seiner Leistung.

Nachdem Josef Neckermann die Unternehmensleitung 1976 aufgeben musste, begann auch der gestalterische Niedergang des Versandzentrums. Dies zeigt sich baulich in dem Komplex der diagonal gestellten Hochregallager südlich der Versandzentrale. Sie stören die streng rational und orthogonal angelegte Struktur des Geländes, verstellen Blickachsen und vermindern die Bedeutungszusammenhänge der einzelnen Baukörper. Aus denkmalpflegerischer Perspektive stellt das Versandzentrum der Neckermann AG eine Sachgesamtheit dar. Die späteren Anbauten und Erweiterungen des Versandzentrums können die Eigenständigkeit des Eiermann’schen Entwurfs nicht schmälern. Geschützt sind die Versandzentrale mit all ihren Aufbauten und Erweiterungen, das Kesselhaus, das Pförtnerhaus, die Personalkontrolle sowie die Übergabestation.

Die Neckermann Versandzentrale steht als Sachgesamtheit aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen unter Denkmalschutz.

Literatur

Eiermann, Egon: Der Neubau des Versandhauses der Josef Neckermann KG in Frankfurt. In: Baukunst und Werkform 14, 1961, H. 12, S. 690ff.

N.N.: Six-Story Warehouse. In: Architectural Forum 112, 4, 1962, S. 92f.

N.N.: Neckermann Mail Order Company. In: Architectural Design 32, Nr. 6, 1963, S. 260ff.

Schulz, Eberhard. In: Ein Versandhaus in Frankfurt. In: FAZ, 1963, S. 12f.

Schirmer, Wulf (Hrsg.): Egon Eiermann 1904-1970. Bauten und Projekte. Stuttgart 1984 (4. Aufl.), S. 152ff. u. 305.

Neckermann, Josef: Erinnerungen. Frankfurt am Main/Berlin 1990.

Eiermann, Egon: Briefe des Architekten 1946-1970. Hrsg. v. Institut für Baugeschichte der Universität Karlsruhe, Stuttgart 1994.

Jaeggi, Annemarie (Hrsg.): Egon Eiermann (1904-1970). Die Kontinuität der Moderne. Ostfildern-Ruit 2004.

Schneider, Klaus: Neckermann Zentrale an der Hanauer Landstraße. In: Denkmalschutz und Denkmalpflege in Frankfurt am Main. Hrsg. v. Stadtkonservator, Merseburg 2004, S. 54f.

Bosenius, Ard Christian: Das Neckermann Versandhaus von Egon Eiermann 1958-60. Eine Architektur der Arbeit im Zeichen der Demokratisierung des Konsums. o.O. 2020.


Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG
Weitere Symbole für Kulturdenkmäler nach § 2 Abs. 1 HDSchG:
Wege-, Flur- und Friedhofskreuz, Grabstein
Jüdischer Friedhof
Kleindenkmal, Bildstock
Grenzstein
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