Polizeigefängnis, Ansicht von Südosten (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Polizeigefängnis, Ansicht von Nordosten (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Zellentrakt, 2. OG (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Zellentür (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Einzelzelle mit Bettgestell, Klapptisch und -stuhl (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Grundriss der Gesamtanlage (Foto: Askenasy 1886, S. 257.)
Ansicht Polizeipräsidium mit Wohngebäude und Gefängnis (Foto: Askenasy 1886, S. 259)
Blick in den Männerhof (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
Blick vom Vorhof in den Männerhof (Foto: Ralf Dorn, LfDH)
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Frankfurt, Stadt
Frankfurt
Innenstadt
  • Klapperfeldstraße 5
  • Klingerstraße 32
ehem. Polizeigefängnis
Flur: 56
Flurstück: 78/12

Ehemaliges Polizeigefängnis samt Gefängnismauer und -höfe nach dem Entwurf des Frankfurter Baurats Gustav Behnke von 1884-86 in historistischen Bauformen errichtet und mit teilweise erhaltener bauzeitlicher Zellenausstattung.

Geschichte

Mit der Besetzung Frankfurts durch preußische Truppen am 15. Juli 1866 erfolgte die Einführung der preußischen Gemeindeordnung. Dazu zählte die Gründung einer eigenständigen Polizeibehörde mit einem Polizeipräsidenten an der Spitze. Durch die Erhebung Frankfurts zum Landkreis wurde der Polizeipräsident zugleich Landrat und beauftragte den Bau eines neuen Polizeipräsidiums samt Polizeigewahrsam. Der Komplex wurde an der 1881 erfolgten Verlängerung der neuen Zeil im Geviert zwischen Klingerstraße, Heiligkreuzgasse und Klapperfeldstraße errichtet. Der Frankfurter Baurat und spätere Stadtbaurat Gustav Behnke lieferte den Entwurf, bestehend aus dem Polizeipräsidium an der neuen Zeil, einem Wohnhaus für den Präsidenten inklusive Stallungen und Wagenremise an der Klapperfeldstraße und das dahinter liegende Gefängnis. Baubeginn war im Spätsommer 1884, fertiggestellt wurde der Komplex 1886. Die Bauleitung hatte Regierungsbaumeister Alfred Temor inne.

Aufgrund massiven Raummangels plante man bereits ab 1907 einen Präsidiumsneubau, der 1914 schließlich am Hohenzollernplatz (heute Friedrich-Ebert-Anlage) errichtet wurde. Das alte Präsidium übernahm das Oberlandesgericht. Das Polizeigefängnis verlor dadurch allmählich an Bedeutung und wurde verstärkt als Ausweichquartier genutzt. Zwischen 1933 und 1945 nutzte die Gestapo das Gefängnis und richtete im 3. Obergeschoss eine sog. „Judenabteilung“ ein. Im Zweiten Weltkrieg wurden das Polizeipräsidium und das Wohnhaus weitgehend zerstört. Das Gefängnis überstand die Luftangriffe nahezu unbeschadet und blieb weiter in Funktion.

Nach 1945 wurde das Gefängnis als Jugendgewahrsam genutzt, später spielte es bei den 68er-Protesten eine wichtige Rolle. Ab den 1980er Jahren wurde das Gefängnis auch für die Abschiebehaft genutzt. Im November 2001 wurde das Klapperfeldgefängnis offiziell geschlossen und stand seitdem leer. 2009 übernahm die Initiative „Faites votre jeu!“ das ehemalige Gefängnis und begann mit der Dokumentation von dessen Geschichte (Baugeschichte, Haftbedingungen, NS-Verfolgung, Abschiebehaft etc.) in mehreren Ausstellungen. Bis zum heutigen Tag sorgt die dort ansässige Initiative durch Führungen und sonstige Aktivitäten für Öffentlichkeit.

Beschreibung

Der Polizeigewahrsam Klapperfeld wurde als langgestreckter viergeschossiger Mauerwerksbau errichtet. Das Gebäude ruht auf einem Souterraingeschoss aus rotem Backstein, die nachfolgenden Geschosse wurden in gelbem Backstein mit Fenstergewänden aus Pfälzer Sandstein ausgeführt. Sämtliche Decken wurden aus „Cement-Beton“ hergestellt. Bis auf die hochrechteckigen Fenster der Dienstwohnung des „Inspektors“ (Ostseite, 3. OG) sind sämtliche Fenster vergittert und als kleine, querrechteckige Öffnungen ausgeführt. Auf der südlichen Ansichtsseite zur Zeil ruhen die Fensteröffnungen auf durchlaufenden Sandsteingesimsen. Die Fenstergewände sind je Geschoss einheitlich gestaltet und werden nach oben hin plastischer in der Ausführung. Die drei übrigen - ebenfalls mit Werksteingliederungen versehenen - Gebäudeseiten wurden nach den Beschädigungen durch den Luftkrieg in der Nachkriegszeit verputzt.

Die beidseitig vorspringenden Seitenrisalite nehmen vornehmlich Funktionsräume auf, während sich hinter der Rücklage ein Treppenhaus und hauptsächlich Einzelzellen befinden. Der Haupteingang befindet sich an der Klapperfeldstraße und wird begleitet von zwei Nebeneingängen zur Wohnung des „Inspektors“ mit eigenem Treppenhaus sowie zur Polizeiwache. Südlich des Gebäudes liegt der Gefängnishof mit seinen 5,50 m hohen Mauern. Östlich liegt der durch ein Tor abgetrennte Vorhof, westlich davon der Männerhof, daran schließt sich der Frauenhof an, getrennt durch eine weitere Zwischenmauer mit Tordurchgang und zweitem Tor zur Klingerstraße. Die Mauer markiert auch im Innern die Trennung der Frauenabteilung von der Männerabteilung.

Im Kellergeschoss befanden sich Wachräume sowie Hafträume für bis zu 25 Personen, ein Baderaum und die Toiletten. Im Keller befand sich zudem die Küche mit den zugehörigen Wirtschaftsräumen, weiterhin die Waschküche und der Heizungskeller. Die Räume werden durch einen Lichtschacht an der Südseite belichtet. Im Hochparterre befanden sich neben dem Eingang Räume für die Wache, den Arzt und die Verwaltung. Es schlossen sich spezielle Hafträume für diverse Erkrankte (Krätze, Blattern, Typhus) an. Das letzte Drittel des Mittelbaus bildete die Frauenabteilung, ebenfalls für spezielle Erkrankungen. Insgesamt konnten in den Männerabteilung 138 und in der Frauenabteilung 102 Personen untergebracht werden. In den drei Obergeschossen liegen die Einzelzellen, die mit Blick auf die Verweildauer der Gefangenen (max. 2 Tage) nur 1,50 m breit und 3,50 m tief sind. In ihnen befinden sich aus der Bauzeit jeweils ein Klapptisch, ein Klappstuhl und ein Klappbett mit einem schmiedeeisernen und genieteten Gestell. Toiletten und Waschbecken wurden erst 1958 in die Zellen eingebaut. Bis zu diesem Zeitpunkt besaß jede Einzelzelle einen sog. „Leibstuhl mit Porzellan-Eimer“. Ansonsten gab es Toiletten- und Waschräume auf jedem Stockwerk. Der Dachboden wurde zum Trocknen der Wäsche benutzt, dazu war für den Winter eine Trocknerapparatur aufgestellt. Weiterhin gab es auf dem sog. „Weiberhof“ ein von der Klingerstraße aus zugängliches Untersuchungsgebäude für Frauen, die unter dem Verdacht der Prostitution standen. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Veränderungen

Die bauliche Struktur des Gefängnisses ist praktisch unverändert. Es wurden nur wenige Wände entfernt. Dagegen wurden die Wände mehrfach gestrichen und die Fußböden erneuert. 1958 wurden erstmals Toiletten und Waschbecken in den Zellen eingebaut. Viele der Einzelzellen besitzen noch ihre bauzeitliche Ausstattung und Graffitis aus der Zeit der Abschiebehaft (teilweise dokumentiert durch die Initiative).

Begründung

Das Polizeigefängnis in der Klapperfeldstraße 5 repräsentiert den historistischen Bautyp eines Zellengefängnisses mit teilweise erhaltener bauzeitlicher Ausstattung. Architektonisch verkörpert es nicht nur den preußisch beeinflussten Frankfurter Justizapparat, sondern spiegelt zugleich diesen selten gut erhaltenen Bautyp in der großstädtischen Entwicklungsphase des Deutschen Kaiserreichs im 19. Jahrhundert wider. An diesem Gebäude lassen sich zudem wichtige stadtgeschichtliche Epochen und Ereignisse der NS-Zeit und der 68er-Bewegung festmachen, insbesondere das System der Abschiebehaft in der Bundesrepublik Deutschland. Der Bautyp des Zellengefängnisses ist bis heute ablesbar und wirksam in seinem Funktionszusammenhang, seinem Erscheinungsbild und in seiner unmittelbaren städtebaulichen Umgebung im Frankfurter Gerichtsviertel. Es ist Kulturdenkmal aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen.

Literatur

Askenasy, Alexander: Frankfurt und seine Bauten. Hrsg. v. Architekten und Ingenieur-Verein, Frankfurt am Main 1886, S. 256-263.

Belina, Bernd; Winkelmann, Arne (Hrsg.): Gewahrsam. Räume der Überwachung. Frankfurt am Main 2007.

Ausstellung im ehemaligen Polizeigefängnis in der Klapperfeldstraße 5. Ausstellungsdokumentation hrsg. v. Arbeitskreis Geschichte der Initiative „Faites votre jeu!“ Frankfurt 2010.


Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.

Legende:

Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG
Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG
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