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Wachturm und Bunker des ehem. Sondermunitionslagers NATO Site #4, 1974
Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Die NATO Site #4 gehörte zu einer Reihe von Sondermunitionslagern (Special Ammunition Storage oder SAS) in Hessen, die ab den frühen 1970er Jahren errichtet wurden und die mit dem Ende des Kalten Kriegs, Anfang der 1990er Jahre, wieder aufgegeben wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg verpflichtete sich die Bundesrepublik zum Verzicht auf eigene Nuklearwaffen. Im Rahmen ihres NATO-Beitritts und der Strategie der Nuklearen Teilhabe wurden der neu aufgebauten Bundeswehr jedoch Nuklearwaffen zur Verfügung gestellt, die im Falle eines Bündnisfalles von deutschen Soldaten eingesetzt werden sollten. Darüber hinaus stationierten die amerikanischen Streitkräfte, als Teil der Strategie Nuklearer Abschreckung, diverse taktische Nuklearwaffen für unterschiedliche Waffensysteme auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Diese sollten im Falle eines Angriffes durch den Warschauer Pakt zum Einsatz kommen. Man ging davon aus, dass ein Angriff und Vorstoß nach Westen durch Truppen des Warschauer Paktes über das Gebiet um die Stadt Fulda stattfinden würde, der sogenannten Fulda Gap. Aus diesem Grund gab es über Hessen verteilt zahlreiche Anlagen, um auf einen solchen Angriff zu reagieren.
Sondermunitionslager, wie die NATO Site #4, nahmen hier als besonders gesicherte Orte zur Lagerung und Wartung der unterschiedlichen taktischen Nuklearwaffen eine Schlüsselposition ein. Viele materielle Zeugnisse dieses Teils der bundesdeutschen Geschichte sind heute bereits verschwunden.
Geschichte der NATO Site #4
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Osten der Stadt Gießen, auf dem Gelände des ehemaligen zivilen Flughafens, ein zentrales Versorgungsdepot der amerikanischen Streitkräfte eingerichtet. Das Depot wurde vom Army & Air Force Exchange Service betrieben und diente bis zu seiner Schließung 2007 vorwiegend der Versorgung amerikanischer Truppen mit zivilen Produkten wie Kleidung und Nahrungsmitteln. 1974 entstand auf einem kleinen, abgetrennten Areal im nordöstlichen Bereich des Depots ein Sondermunitionslager zur Lagerung taktischer Nuklearwaffen, die NATO Site #4. Hier wurden nach zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ab 1979 taktische Nuklearsprengköpfe gelagert, mit denen Boden-Boden Kurzstreckenraketen vom Typ Lance bestückt werden konnten. Eine Lance Raketenstellung befand sich ebenfalls auf dem Gelände des Depots, westlich des Munitionslagers. 1988 wurde die NATO Site #4 als Sondermunitionslager außer Betrieb genommen.
Gelände
Das ehemalige Sondermunitionslager besteht aus einem mehrfach umzäunten Areal mit verschiedenen Gebäuden und Wachtürmen sowie zwei Bunkern. Außerhalb der Umzäunung befinden sich ein Trafohaus, ein Wachhäuschen und zwei Wachtürme aus Stahl. Im inneren Bereich des Areals gruppieren sich um einen großen asphaltierten Platz ein eingeschossiges langgezogenes Hauptgebäude mit einem anschließendem Wachturm, eine Lagerhalle sowie zwei Bunker.
Wachturm
Der markante, weithin sichtbare Wachturm aus Beton schließt an die westliche Schmalseite des Hauptgebäudes an. Erschlossen wird er über eine Stahlwendeltreppe im Inneren des Turmschaftes, die über das Hauptgebäude erreicht wird. Die achteckige Beobachtungsplattform ermöglicht einen Rundumblick über das gesamte Areal sowie die weitere Umgebung und ist mit schusssicheren Scheiben gesichert, die sich über einen Kippmechanismus öffnen lassen. Die Plattform verfügt zu allen Seiten über Schießscharten, die sich mithilfe schwerer Stahlklappen schließen und öffnen lassen.
Bunker
Die beiden nebeneinander liegenden Bunker aus massivem Stahlbeton sind zusätzlich mit einer Erd- und Grasschicht bedeckt. Sie verfügen zum zentralen Platz hin über zwei bzw. drei gesicherte Tore, die noch heute erhalten sind. Das äußere Tor ist jeweils Teil eines der Kopfseite des Bunkers vorgelagerten Stahlkäfigs, der im Falle eines Angriffs dazu dienen sollte panzerbrechenden Geschossen ihre Durchschlagskraft zu nehmen. Hinter diesem Stahlkäfig befinden sich ein bzw. zwei massive Stahltore, die auf Schienen laufen und dem Schutz der in den Bunkern lagernden taktischen Nuklearsprengköpfe dienten.
Begründung
Als materielles Erbe des Kalten Kriegs ist das Sondermunitionslager NATO Site #4 ein wichtiges Zeugnis für eine bedeutende historische Phase der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der weithin sichtbare Betonwachturm und die beiden Bunker veranschaulichen in ihrer Materialität den besonderen Funktionszusammenhang des Sondermunitionslagers. Als Kernelemente der Anlage sind sie Kulturdenkmäler gemäß § 2 Abs. 1 HDSchG aus geschichtlichen Gründen und in ihrem Bestand zu schützen.
Literatur
Klein, Ian: Die Architektur des Sondermunitionslagers, in: ders., Bunkerrepublik Deutschland. Geo- und Biopolitik in der Architektur des Atomkriegs, Bielefeld 2019, S. 145-153.
Als Kulturdenkmal nach § 2 Absatz 1 Hessisches Denkmalschutzgesetz aus geschichtlichen Gründen in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.
| Kulturdenkmal nach § 2 Abs. 1 HDSchG | |
| Kulturdenkmal (Gesamtanlage) nach § 2 Abs. 3 HDSchG | |
| Kulturdenkmal (Grünfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG | |
| Kulturdenkmal (Wasserfläche) nach §2 Abs. 1 oder § 2 Abs. 3 HDSchG |
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Wege-, Flur- und Friedhofskreuz, Grabstein |
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Jüdischer Friedhof |
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Kleindenkmal, Bildstock |
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Grenzstein |
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Keller bzw. unterirdisches Objekt |
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Baum |